Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufgabe oder Betriebsunterbrechung bei Verpachtung einer Apotheke nach dem Tod des Inhabers durch die nicht über die Qualifikation zur Berufsausübung verfügende Ehefrau als Nießbraucherin. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind nach dem Tod des Apothekers dessen Kinder als Erben eingesetzt und erhält die Ehefrau den Nießbrauch am gesamten Nachlassvermögen, so liegt keine (Zwangs-)Betriebsaufgabe vor, wenn die Ehefrau die Apotheke an einen Apotheker verpachtet und die Einkünfte in der Steuererklärung als solche aus ruhendem Gewerbebetrieb erklärt. Dass die Kinder einen Erbauseinandersetzungsvertrag auf den Todeszeitpunkt des Vaters geschlossen haben und die eine Tochter ihrer Schwester den hälftigen Anteil an der Apotheke gegen eine Ausgleichszahlung abgekauft hat, führt ohne eine Aufgabeerklärung ebensowenig zu einer sofortigen Betriebsaufgabe wie der Umstand, dass weder die Ehefrau noch die Kinder über die Qualifikation zur Führung einer Apotheke verfügen.
2. Wird nach dem Tod der Mutter und dem Wegfall des Nießbrauchs die Apotheke ohne die zum Betriebsvermögen gehörende Immobilie an den Pächter verkauft, führt dies bei der Tochter zum Ende der Betriebsunterbrechung (in Form einer Betriebsverpachtung) und damit zu einer Betriebsaufgabe.
Normenkette
EStG 1997 § 16 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1; EStDV § 7 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob im Jahre 1997 eine Betriebsaufgabe vorgelegen hat und ob die Klägerin demzufolge einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt hat.
Die Klägerin, die von Beruf Diplom-Psychologin ist, hat die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 11997 am 08. März 1999 beim Finanzamt eingereicht. Darin erklärte sie neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung einer Arztpraxis in der Hstr. 2 in K auch gewerbliche Einkünfte aus der Verpachtung der Apotheke in der Hstr. 2/Pstr. 1 in K in Höhe von 551.559 DM.
Inhaber der Apotheke war zunächst der Vater der Klägerin, U. L., der die Apotheke bis zu seinem Tode am 16. Januar 1994 betrieb. Erbinnen wurden die Töchter Frau P.U.L. und die Klägerin. Zum Nachlass gehörte sowohl das Betriebsvermögen der Apotheke sowie Privatvermögen. Der Nießbrauch am gesamten Nachlassvermögen stand der überlebenden Ehefrau und Mutter der Klägerin, Frau J. M. L. zu, die zugleich auch Testamentsvollstreckerin wurde.
Zum Betriebsvermögen der Apotheke gehörte das bebaute Grundstück in der Hstr. 2/Pstr. 1 in K; davon ausgenommen waren lediglich die an Herrn Dr. R. vermieteten Praxisräume, die sich im Privatvermögen des Erblassers befanden. Neben den Räumlichkeiten, in denen die Apotheke betrieben wurde, gehörten zum Betriebsvermögen der Apotheke weitere Räumlichkeiten, die vermietet sind. Die Nießbraucherin Frau J. M. L. verpachtete die Apotheke mit Pachtvertrag vom 15. März 1994 mit Wirkung vom 01. April 1994 an TW, die übrigen Räumlichkeiten des Grundstücks Hstr. 2/Pstr. 1 blieben wie bisher vermietet. Die Erträge des Nachlasses flössen der Nießbraucherin Frau J. M. L. zu; die Nießbraucherin erklärte daraufhin die Einkünfte aus der Verpachtung der Apotheke als Einkünfte aus ruhendem Gewerbebetrieb. Eine Betriebsaufgabe wurde gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt.
Die Erbinnen und die Nießbraucherin Frau J. M. L. schlossen am 06. Juli 1994 mit Wirkung auf den Todeszeitpunkt des Erblassers einen Erbauseinandersetzungsvertrag, in dem die Erbauseinandersetzung geregelt wurde. Das Grundstück in der Hstr. 2/Pstr. 1 samt dem Apothekenbetrieb wurde auf die Klägerin gegen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1 Mio. DM (fällig innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod der Nießbraucherin) an die Schwester der Klägerin, P. U. L. übertragen; P. U. L. erhielt den übrigen Nachlass. Die Ausgleichszahlung führte im Betrieb der Apotheke zu einer Aufstockung der Buchwerte.
Die Nießbraucherin verstarb am 10. August 1996. Damit endete der Nießbrauch von J. M. L.. Die Erträge aus der Nutzung des Grundstücks Hstr. 2/Pstr. 1 sowie insbesondere aus der Apotheke standen nun der Klägerin zu. Das Pachtverhältnis mit TW wurde zunächst fortgeführt. Am 01. September 1997 wurde zwischen der Klägerin und TW ein Kaufvertrag abgeschlossen. Die Klägerin hat an TW die Apotheke verkauft. Nicht verkauft wurden alle auf die Apotheke bzw. das Laboratorium eingetragenen Patente und Rechte, sofern diese nicht zum Betrieb der Apotheke erforderlich sind sowie das Familienwappen der Familie L.; nicht verkauft wurden auch der Grundbesitz mit Zubehör, auch sofern dieser Betriebsvermögen sein sollte, sowie alle nicht in der Anlage 1 näher bezeichneten Gegenstände sowie alle nicht ausdrücklich mitverkauften Rechte. Die Verkäuferin erteilte ihre Zustimmung zur Fortführung des Firmen...