rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1988
Tenor
1. Der Bescheid vom 30.04.1991 und die Einspruchsentscheidung vom 05.08.1991 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid über Einkommensteuer für 1991 vom 07.02.1990 zu ändern und die Einkommensteuer auf … DM festzusetzen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluß festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit leistet.
5. Der Streitwert wird festgesetzt auf … DM.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (Bekl) verpflichtet ist, den Bescheid über Einkommensteuer (ESt) für das Kalenderjahr 1988 zu ändern.
Der Kläger (Kl) erzielte im Streitjahr im wesentlichen Einkünfte aus seiner nichtselbständigen Arbeit als … Auf der Fahrt von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte erlitt er am … einen Unfall. Bei eisglatter Fahrbahn kam sein Personenkraftwagen (PKW) von der Straße ab. Dabei wurden der PKW und der Rohrpfosten eines Verkehrszeichens beschädigt. Den Schaden an seinem PKW ließ der Kl beseitigen. Hierfür bezahlte er am 10.02.1988 einen Betrag in Höhe von … DM. Für den Schaden an dem Rohrpfosten wurde dem Kl ein Betrag von … DM berechnet. Diesen bezahlte er am 09.03.1988.
Am 30.10.1989 gaben die Kl die ESt-Erklärung für 1988 ab. Diese hatte der Bevollmächtigte ausgearbeitet. Bei den Werbungskosten waren die Aufwendungen des Kl für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit insgesamt … DM angesetzt. Dabei gab der Kl an, daß er den PKW an … Tagen benutzt und die einfache Entfernung … km betragen habe. Der Beklberücksichtigte diese Aufwendungen (Bescheid vom 07.02.1990). Einen Einspruch legten die Kläger nicht ein. Am 25.03.1991 beantragten die Kl, den Bescheid vom 07.02.1990 zu ändern. Sie baten, die Aufwendungen, die der Unfall am … verursacht habe, als weitere Werbungskosten zu berücksichtigen. Sie trugen hierzu vor, sie hätten zunächst nicht gewußt, daß die streitigen Aufwendungen steuerlich abgesetzt werden könnten. Der Bevollmächtigte habe sie nach solchen Aufwendungen auch nicht befragt. Erst eine Bevollmächtigte habe sie nach solchen Aufwendungen auch nicht befragt. Erst eine Fernsehsendung habe ihn, den Kl, darüber unterrichtet. Dies sei kurz vor dem Termin gewesen, zu dem er den Bevollmächtigten wegen der ESt-Erklärung für 1989 habe aufsuchen wollen. Deshalb habe er dem Bevollmächtigten die Belege über die streitigen Aufwendungen bei dieser Gelegenheit vorgelegt. Der Bekl lehnte den Antrag der Kl jedoch mit Bescheid vom 30.04.1991 ab.
Den Einspruch der Kl wies der Bekl als unbegründet zurück. Mit der Einspruchsentscheidung vom 05.08.1991 führte er u.a. aus, die Kl würde am nachträglichen Bekanntwerden der Unfallkosten ein grobes Verschulden treffen. Ihr Bevollmächtigter habe sich nicht – wie offenkundig geschehen – darauf verlassen dürfen, daß die Kl alle für die Anfertigung einer vollständigen Steuererklärung notwendigen Unterlagen von sich aus vorlegen würden. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Steuerberater der Kl habe ihm nicht verborgen bleiben können, daß diese in steuerlichen Dingen nicht so bewandert seien, als daß sie ohne beispielhafte Aufzählung im Rahmen eines Beratungsgesprächs aufgrund eigenen Fachwissens zwischen steuerlich irrelevanten Sachverhalten und steuerlich bedeutsamen Vorgängen zu unterscheiden vermögen würden. Auch wenn man von einem Steuerberater nicht verlangen könne, daß dieser seine Mandanten nach allen möglichen und unmöglichen Tatbeständen befrage, so könne – ohne Überspannung der Sorgfaltspflicht – doch erwartet werden, daß im Rahmen des Beratungsgesprächs wenigstens die nach den Verhältnissen des Einzelfalls in Betracht kommenden, in den amtlichen Erläuterungen zur ESt-Erklärung aufgeführten Beispiele steuerlich abzugsfähiger Aufwendungen namentlich angesprochen würden. Wollte man geringere Anforderungen an die Beratungs- und Sorgfaltspflichten eines mit der Ausarbeitung einer Steuererklärung betrauten Steuerberaters stellen, würde dies zu einer nicht hinnehmbaren Schlechterstellung derjenigen Steuerpflichtigen führen, die – aus welchen Gründen auch immer – von der Einschaltung eines Steuerberaters absehen und ihre Steuererklärung selbst erstellen. Denn der unberatene Steuerpflichtige, der mit den Vordrucken zur ESt-Erklärung regelmäßig auch die amtliche Anleitung hierzu zugesandt erhalte, müsse sich die Kenntnis der in der Anleitung angeführten Beispiele abzugsfähiger Aufwendungen vorhalten lassen.
Die Kl beantragen,
- den Bescheid vom 30.04.1991 und die Einspruchsentscheidung vom 05.08.1991 ersatzlos aufzuheben und
- den Bekl zu verpflichten, den Bescheid vom 07.02.1990 zu ändern und die Steuer auf … DM festzusetzen.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist begründet, denn der Bekl ist verpflic...