Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel durch ein einziges Objekt trotz langjähriger Nichtrealisierung der geplanten Bebauung. Angabe privater Vermietungseinkünfte in der Steuererklärung trotz Zurückweisung des Bauantrags durch die zuständige Behörde
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein gewerblicher Grundstückshandel kann auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten zu bejahen sein, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn innerhalb kurzer Zeit zu verkaufen. Nicht ausreichend ist hingegen, wenn ein Steuerpflichtiger ein Grundstück nur mit bedingter Veräußerungsabsicht erwirbt oder bebaut.
2. Für eine von Anfang an bestehende unbedingte Veräußerungsabsicht und für einen gewerblichen Grundstückshandel hinsichtlich eines auch nach vielen Jahren noch nicht realisierten Bauprojekts spricht es trotz der Zurückweisung eines Bauantrags und trotz unzutreffender Erklärung privater Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Steuererklärung, wenn ein in der Bauplanung tätiger und somit branchenkundiger Steuerpflichtiger bereits vor Abschluss des Kaufvertrags über ein unbebautes Grundstück einen Bauantrag zur Errichtung eines Büro- und Boardinghauses mit 60 Zimmern bei der zuständigen Behörde gestellt, sich nachweislich und nachhaltig sofort nach Abschluss des Kaufvertrags und vor Bebauung des Objekts um den Verkauf des erst noch zu errichtenden Objekts bemüht, den Grundstückskaufpreis zunächst nur durch Erhöhung seiner Kreditlinie finanziert hat, die Bezahlung der Erstellung des Rohbaus Zug um Zug gegen Zahlungen des Erwerbers erfolgen sollte und wenn die beantragte Baugenehmigung nur wegen der noch fehlenden Nachreichung kostenintensiver Unterlagen (zur Statik, ein Brandschutzgutachten) nicht erteilt worden ist.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 21 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1) Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 05. August 2011 wird der Einkommensteuerbescheid 2005 dahingehend geändert, dass ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 107.024 EUR anerkannt wird.
2) Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3) Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung für ein im Eigentum des Klägers stehendes Grundstück.
Im Jahr 1991 wurde das Ingenieurbüro des Klägers von der Gemeinde X mit der alleinigen Planung und Vermessung bezüglich der Erschließung des Gewerbegebiets „Y” im Ballungsgebiet A/B beauftragt. Aufgrund dieser Tätigkeit wurden dem Kläger die Verhältnisse des Gewerbegebiets bekannt. Mit am 20. Juli 1992 bei der zuständigen Behörde eingegangenem Schreiben stellte der Kläger einen Bauantrag hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstücks C-Straße 1 in X für den geplanten Bau eines Büro- und Boardinghauses. Mit Vertrag vom 29. Juli 1992 erwarb der Kläger das streitgegenständliche Grundstück. Dieses hat eine Größe von 2.562 qm; der Gesamtkaufpreis belief sich einschließlich der Anschaffungsnebenkosten auf insgesamt 148.773,18 EUR. In der Folgezeit versuchte der Kläger, das Objekt – das Grundstück sowie die noch zu bauende Immobilie – zu veräußern. Im Jahr 1993 bekundete ein potentieller Käufer, die Firma F-GmbH, Interesse am Erwerb der geplanten Immobilie nach Fertigstellung. Die zwischen dem Kläger und der Firma F-GmbH geführten Verhandlungen konkretisierten sich insoweit, dass seitens einer Anwaltskanzlei ein vorläufiger Grundstückskaufvertrag zwischen den Parteien aufgesetzt wurde. Der Entwurf des Kaufvertrags beinhaltete die Errichtung eines Rohbaus auf dem Grundstück sowie die Veräußerung des gesamten Objekts zu einem Gesamtpreis von 1,8 Mio DM. Ende des Jahres 1994 nahm die Firma F-GmbH jedoch Abstand von dem anvisierten Kauf. Die Baugenehmigung für das Grundstück wurde am 10. Mai 1995 zurückgewiesen. In der Folgezeit versuchte der Kläger, das weiterhin unbebaute Grundstück – bis zum heutigen Zeitpunkt – zu verkaufen und zu vermieten.
In den Jahren 1992 bis 1996 wurden seitens des Klägers jeweils bezüglich des Grundstücks Verluste aus Vermietung und Verpachtung angegeben; die Verluste beruhten insbesondere auf der Geltendmachung von Schuldzinsen. Der Angabe des Klägers wurde seitens des Beklagten gefolgt, die Bescheide ergingen nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter Vo...