Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Berechnungsformel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG verstößt nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung zur quotalen Ermittlung der auf die ausländische Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer nach § 34c EStG, nach der sich die Anrechnung nur auf die steuerliche Durchschnittsbelastung auswirkt, verstößt nicht gegen die Grundsätze des freien Kapitalverkehrs nach Art. 63 AEUV.
2. Es besteht keine Verpflichtung des Gesetzgebers, ausländische Quellensteuer wie inländische Kapitalertragsteuer zu erstatten, wenn eine Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer nicht möglich ist.
3. Der Sitzstaat des Empfängers von Dividenden kann sich darauf beschränken, ausländische Quellensteuer nur im Rahmen der DBA-Regelungen anzurechnen.
4. Im Übrigen spricht auch die Möglichkeit, die ausländische Quellensteuer als Werbungskosten bei den ausländischen Einkünften abzuziehen gegen einen Verstoß gegen die Grundsätze der Freiheit des Kapitalverkehrs. Eine gemeinschaftswidrige Doppelbesteuerung liegt nicht vor.
Normenkette
EStG § 34c; DBA-Niederlande Art. 13, 20 Abs. 2; DBA CHE Art. 10, 24 Abs. 1 Nr. 2; DBA FRA Art. 9, 20 Abs. 1c; DBA-Luxemburg Art. 13, 20 Abs. 3; DBA-Japan Art. 10, 23b; DBA USA Art. 10, 23 Abs. 3b; AEUV Art. 63, 65 Abs. 1a, 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Vereinbarkeit der Vorschrift über die Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt mit dem Grundsatz der Freiheit des Kapitalverkehrs nach Artikel 63 AEUV.
Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr erzielten sie Einnahmen aus Kapitalvermögen. Dabei handelte es sich nicht nur um inländisches Kapitalvermögen sondern auch um Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Ausland. Die Höhe der Einnahmen, die mit diesen Einnahmen im Zusammenhang stehenden Werbungskosten und die im Ausland entrichtete Quellensteuer sind unstreitig. Die ausländischen Kapital- und Dividendeneinkünfte der Kläger ermitteln sich wie folgt
Kläger |
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Anz. Steuer |
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Staat |
Bank |
Dividende |
(max. 15%) |
WK |
Niederlande |
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Schweiz |
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USA |
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Frankreich |
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Japan |
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Luxemburg |
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Übrige Erträge |
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ohne Steuern |
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Summe |
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Ehefrau |
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Niederlande |
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Schweiz |
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Übrige Erträge |
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ohne Steuern |
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Summe |
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Ausländische Steuer insgesamt |
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Der Beklagte ermittelte die anrechenbare ausländische Steuer mit x.xxx Euro. Auf diese, zwischen den Beteiligten unstreitige Berechnung wird Bezug genommen (Anhang zur Einspruchsentscheidung vom 31.03.2009).
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage. Die Kläger tragen vor, dass sie im Ausland insgesamt x.xxx,xx Euro an Quellensteuer entrichtet hätten. Im zuletzt ergangenen Steuerbescheid seien jedoch nur x.xxx Euro auf die insoweit entstandene Steuerschuld angerechnet worden. Die Berechnung des Finanzamts entspreche zwar dem Gesetzeswortlaut, dieser verstoße jedoch gegen die Grundsätze der Freiheit des Kapitalverkehrs innerhalb und außerhalb der EU. In der Checkliste potenziell EG-rechtswidriger Normen des deutschen direkten Steuerrechts – Update 2009 (Der Betrieb 2009, Beilage Heft Nr. 5) werde darauf hingewiesen, dass die Berechnungsformel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG gegen den Grundsatz der Freiheit des Kapitalverkehrs verstoßen würde. Die Kläger rügen, dass durch diese Art der Steuerberechnung in die Entscheidungsfreiheit Kapitalanlagen im Ausland zu tätigen eingegriffen werde. Da jedoch mit den ausländischen Einkünften im Zusammenhang stehende Werbungskosten zu berücksichtigen seien, und um Unsicherheiten bei der Ermittlung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden Einkommensteuer zu egalisieren, sei nicht die gesamte ausländische Quellensteuer anzurechnen sondern nur ein weiterer Teilbetrag von x.xxx Euro.
Die Kläger beantragen,
die im Wege der Steuerfestsetzung ergangene Einspruchsentscheidung vom 31.03.2009 zu ändern und die Einkommensteuer um x.xxx Euro zu ermäßigen
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Ermittlung der anrechenbaren ausländischen Steuer und die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG nicht gegen die Regelungen der Freiheit des Kapitalverkehrs verstößt.
Im Klageverfahren fand ein Erörterungstermin statt. Auf das Protokoll wird entsprechend Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Regelung des § 34c Abs. 1 Satz 2 verstößt nicht gegen die Grundsätze der Freiheit des Kapitalverkehrs.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die anrechenbare ausländischen Quellensteuer und die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer den Vorschriften des § 34c Abs. 1 i.V.m. 34c Abs. 6...