Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Tenor
Der Aufhebungsbescheid vom 16. April 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 1997 werden ersatzlos aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluß festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob die private Vorbereitung auf eine Prüfung zum Hauptschulabschluß als für die Gewährung von Kindergeld schädliche Unterbrechung der Berufsausbildung anzusehen ist.
Der Kläger hat außer den am … 1981 geborenen Zwillingen … und … einen am … 1976 geborenen Sohn … Dieser sollte nach einer dem Beklagten vorgelegten Schulbescheinigung vom 17. Dezember 1992 voraussichtlich bis Juni 1998 das Gymnasium in … besuchen. Deshalb erhielt der Kläger für ihn in der Folgezeit Kindergeld.
Auf eine Anforderung des Beklagten legte der Kläger im Jahr 1997 eine neue Schulbescheinigung vom 3. Februar 1997 vor. Danach hatte der Sohn das Gymnasium bereits am 22. Januar 1996 verlassen. Nach einer weiteren Bescheinigung vom selben Tag hatte der Sohn ab 9. September 1996 mit einem einjährigen Besuch der gewerblichen und kaufmännischen Schule in … begonnen. Dazwischen hatte er sich nach einer Bestätigung des Staatlichen Schulamts … am 15. Februar 1996 zur Schulfremdenprüfung zum Erwerb des Abschlußzeugnisses der Hauptschule angemeldet. Diese Prüfung fand in der Zeit vom 3. Juni bis zum 12. Juli 1996 statt. Als Antwort auf eine Bitte um Bestätigung, daß es notwendig gewesen sei, daß der Sohn zum 1. März 1996 vom Gymnasium abging, schickte das Schulamt der Ehefrau des Klägers keine entsprechende Bestätigung, sondern ein Merkblatt über die Schulfremdenprüfung. Daraus ergibt sich außer den Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung und dem Prüfungsstoff, daß die Anmeldung bis spätestens 1. März eines Jahres erfolgen muß.
Nach einer vom Berichterstatter bei dem Schulamt eingeholten Auskunft ist eine Teilnahme an der Prüfung grundsätzlich nur dann möglich, wenn die Teilnehmer nicht mehr ordentliche Schüler einer allgemeinbildenden Schule sind. Es werde in der Regel davon ausgegangen, daß an dieser Prüfung Personen teilnehmen würden, die nicht mehr Schüler einer allgemeinbildenden Schule seien, mithin also die Schulpflicht bereits erfüllt hätten. Davon sei auch bei dem Sohn des Klägers selbstverständlich ausgegangen worden. Unter der Prüfung vom 3. Juni bis zum 12. Juli 1996 sei keine volle Beanspruchung zu verstehen. Eine schriftliche Prüfung in vier Fächern habe zwischen dem 19. und dem 28. Juni 1996 jeweils vormittags stattgefunden. Die mündlichen und praktischen Prüfungen hätten zwischen dem 3. Juni und dem 12. Juli 1996 an sechs weiteren Terminen von je 15 Minuten bis einer Stunde stattgefunden. Dabei seien die prüfenden Schulen angehalten gewesen, die Prüfungen möglichst zusammenhängend durchzuführen.
Der Sohn des Klägers gab zu seiner Tätigkeit ab Januar 1996 im wesentlichen an, wegen seiner Probleme, die 10. Klasse des Gymnasiums zu bestehen, habe ihm sein damaliger Klassenlehrer empfohlen, die Schule zu verlassen und sich auf die Schulfremdenprüfung in einer Hauptschule vorzubereiten. Das habe er dann auch getan. Nach seiner Anmeldung zu dieser Prüfung habe er Unterlagen und einige Bücher für die Vorbereitung auf die Prüfung erhalten. Er habe danach täglich 5–6 Stunden lang gelernt. Die Prüfung habe er mit der Note 2,0 bestanden. Schon im Februar 1996 sei ihm von einer Spedition ein Ausbildungsplatz unter der Bedingung zugesagt worden, daß er die Hauptschulprüfung und eine einjährige Berufsfachschule mit mindestens befriedigend abschließe. Diese Angaben des Sohnes werden vom Beklagten nicht bestritten bzw. angezweifelt.
Der Beklagte sah die Zeit ab dem Abgang des Sohnes des Klägers vom Gymnasium im Januar 1996 bis zum Beginn des Besuchs der Berufsfachschule im September 1996 als Unterbrechung der Schulausbildung an. Er hob deshalb mit einer als Rückforderungsbescheid bezeichneten Verfügung vom 16. April 1997 die Festsetzung von Kindergeld für die Monate Februar bis August 1996 auf und forderte zugleich das für diese Zeit bereits ausbezahlte Kindergeld von dem Kläger zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, die Vollzeitvorbereitung seines Sohnes auf die Abschlußprüfung müsse als Zeit der Berufsausbildung angesehen werden. Denn die bestandene Abschlußprüfung sei zwingende Voraussetzung für seinen weiteren beruflichen Werdegang gewesen. Nach der Bestätigung des Schulamts sei es notwendig gewesen, daß der Sohn zum 1. März 1996 vom Gymnasium abgegangen sei, um sich auf die Prüfung vorbereiten zu können. Wegen der täglichen Vorbereitungszeit sei es weder möglich gewesen, parallel dazu eine Schule zu besuchen, noch, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuübe...