Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 EStG setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich Bauleistungen erbringt.
- Die Versagung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG ist nur dann verhältnismäßig, wenn das Verhalten des Steuerpflichtigen zeigt, dass er nicht gewillt ist, seinen steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen und den Steuergesetzen Folge zu leisten.
Normenkette
EStG § 48b Abs. 1, § 48 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Antragstellerin vermietet mobile Kräne.
Da einige Kunden der Antragstellerin die Auffassung vertreten, dass die von der Antragstellerin erbrachten Leistungen als Bauleistungen im Sinne des § 48 EStG einzuordnen seien, und deshalb von der Antragstellerin die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG verlangen, hat die Antragstellerin bei dem Antragsgegner die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b Abs. 1 EStG beantragt.
Diesen Antrag hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 6. Dezember 2001 abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Voraussetzungen des § 48b Abs. 1 EStG lägen nicht vor, weil die Antragstellerin angemeldete bzw. festgesetzte und fällige Steuern überwiegend nur als Reaktion auf Vollstreckungsmaßnahmen zahle und immer wieder Vollstreckungsverfahren hervorrufe. Außerdem sei die Antragstellerin ihrer Verpflichtung zur pünktlichen Abgabe der Steuererklärungen nicht nachgekommen.
Über den hiergegen mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2001 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner bisher noch nicht entschieden.
Mit ihrem am 13. Dezember 2001 beim Finanzgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz beantragt die Antragstellerin,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, der Antragstellerin gemäß § 48b Abs. 1 EStG eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen,
hilfsweise,
dem Antragsgegner aufzugeben, die Freistellungsbescheinigung vorläufig für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Ablehnungsbescheid vom 6. Dezember 2001 zu erteilen.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes vor:
Unabhängig davon, ob es sich bei den von ihr erbrachten Leistungen tatsächlich um Bauleistungen im Sinne des § 48 Abs. 1 EStG handele, benötige sie die streitige Freistellungsbescheinigung unbedingt für die Fortsetzung ihres Gewerbebetriebes. Denn die Auftraggeber würden die Erteilung von Aufträgen davon abhängig machen, dass sie diesen eine entsprechende Freistellungsbescheinigung vorlege. Zum Nachweis dieses Vortrags reicht die Antragstellerin Ablichtungen verschiedener entsprechender Schreiben ihrer Auftraggeber ein.
Dementsprechend sei die Entscheidung über die Erteilung der Freistellungsbescheinigung eilbedürftig, weil sie ohne die betreffende Freistellungsbescheinigung keine Aufträge mehr erhalten würde.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners würden auch die Voraussetzungen des § 48b Abs. 1 EStG vorliegen, da die durch das Gesetz zu sichernden Ansprüche nicht gefährdet seien. Insbesondere erfülle sie die in § 48b Abs. 1 EStG ausdrücklich aufgeführten Voraussetzungen. Sie sei nämlich ihrer Anzeigepflicht nach § 138 Abgabenordnung - AO - nachgekommen und habe auch ihre Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach § 90 AO erfüllt. Richtig sei zwar, dass die Finanzbehörde die Freistellungsbescheinigung auch dann versagen könne, wenn die betreffenden Steueransprüche aus anderen Gründen gefährdet erscheinen würden. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
Der Tatsachenvortrag des Antragsgegners in dem Ablehnungsbescheid sei zwar richtig. Diese Umstände rechtfertigten jedoch nicht die Versagung der beantragten Freistellungsbescheinigung. Hinsichtlich der verspätet gezahlten Lohn- und Umsatzsteuerbeträge sei zu berücksichtigen, dass diese Beträge zwar verspätet gezahlt, aber rechtzeitig und zutreffend angemeldet worden seien. Die nicht fristgerechte Abführung dieser Beträge beruhe ausschließlich auf wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen sich die Antragstellerin aufgrund der allgemeinen strukturellen wirtschaftlichen Lage befinde.
Insgesamt seien in den letzten Monaten mehrfach Umsatzsteuerguthaben über längere Zeiträume nicht ausbezahlt worden, andererseits aber angemeldete Steuerbeträge aus Lohn- und Umsatzsteuer fristgerecht angefordert worden. Aus diesem Verhalten des Antragsgegners würden sich für die Antragstellerin erhebliche Liquiditätsprobleme ergeben, die sie in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht durch andere Mittel ausgleichen könne. Eine spezifische Unzuverlässigkeit, wie sie dem Gesetzgeber bei der Regelung des § 48 EStG vorgeschwebt habe, ergebe sich hieraus jedoch erkennbar nicht.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, die von der Antragstellerin durchgeführte Vermietung von Bankräumen stelle keine Bauleistung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 EStG dar (vgl. BMF Schreiben vom 1. November 2001). Schon aus diesem Grund hab...