Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernstliche Zweifel am Zeitpunkt der Begründung des Vorsteuerberichtigungsanspruchs wegen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob ein Vorsteuerberichtigungsanspruch, der darauf beruht, dass der Insolvenzverwalter ein Grundstück, aus dessen Anschaffung der Gemeinschuldner den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens umsatzsteuerfrei veräußert hat, erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde und daher als Masseverbindlichkeit durch Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden darf.
Normenkette
UStG 2005 § 15a; InsO §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2005 vom 17. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2007 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung einer vollständigen Entscheidung in dem Verfahren 7 K 7008/08 oder dessen sonstiger Erledigung mit Wirkung vom Fälligkeitstag in Höhe von 366.905,54 EUR ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter im Verfahren betreffend der G-GmbH, deren Geschäftszweck die Produktion und Lieferung von Flachglas waren.
Auf Grund eines Vertrags vom 4. August 2000 erwarb die G-GmbH das Erbbaurecht an dem Grundstück M. Im Zusammenhang mit diesem Kauf machte die GmbH erfolgreich Vorsteuer in Höhe von 759.115,00 EUR geltend.
Am 1. April 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt.
Er veräußerte mit Vertrag vom 23. Dezember 2004 das oben genannte Erbbaurecht umsatzsteuerfrei.
Am 10. November 2005 reichte ein Steuerberater für die G-GmbH eine Umsatzsteuervoranmeldung Oktober 2005 unter der Steuernummer der G-GmbH (also nicht unter der parallel dazu bestehenden Steuernummer für das Massekonto des Antragstellers) beim Antragsgegner ein. Darin war eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15 a Umsatzsteuergesetz – UStG – zu Lasten der G-GmbH in Höhe von 367.065,00 EUR berücksichtigt.
Am 15. September 2006 reichte der Antragsteller seine Umsatzsteuererklärung für das Massekonto ein, die als Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkte. Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG war darin nicht berücksichtigt.
Am 21. November 2006 führte der Antragsgegner beim Antragsteller eine Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 1. November 2005 durch. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass der Antragsteller im Rahmen seines Massekontos eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15 a UStG in Höhe von 366.905,58 EUR berücksichtigen müsse.
Dem folgend erging am 17. Januar 2007 ein geänderter Umsatzsteuerbescheid 2005 gegenüber dem Antragsteller für das Massekonto, mit dem die Umsatzsteuer auf 411.574,79 EUR festgesetzt wurde, was zu einer Nachzahlung von 366.905,54 EUR führte. Der Antragsgegner vertrat die Auffassung, die Umsatzsteuer aus der Vorsteuerberichtigung stelle eine Masseverbindlichkeit dar.
Den dagegen am 16. Februar 2007 eingelegten Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2007 als unbegründet zurück. Daraufhin hat der Antragsteller am 4. Januar 2007 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 7 K 7008/08 bei dem erkennenden Senat anhängig ist.
Am 25. Januar 2008 lehnte der Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Am 30. Januar 2008 hat der Antragsteller bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Der Antragsteller macht geltend, der Antragsgegner habe zu Unrecht ihm gegenüber mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid die streitige Vorsteuerberichtigung geltend gemacht. Vielmehr handle es sich um eine Insolvenzforderung, die im Sinne des § 38 Insolvenzordnung – InsO – vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sei. Es handle sich nicht um die Besteuerung einer vom Insolvenzverwalter neu geschaffenen Schuldrechtsbeziehung. Vielmehr sei die Grundlage für den Anspruch bereits vor der Insolvenzeröffnung gelegt worden.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2005 vom 17. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2007 mit Wirkung vom Fälligkeitstag ohne Sicherheitsleistung aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Rechtsprechung des V. Senats des Bundesfinanzhofs – BFH –, wonach die Steuerverbindlichkeiten nach § 15 a UStG zu den Massekosten gehören (BFH, Urteil vom 6. Juni 1991 V R 115/87, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFHE – 165, 113, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1991 817; Beschluss vom 29. November 1993 V B 390/93, BFH/NV 1995, 351). Der Verkauf des Erbbaurechts stelle einen neuen zivilrechtlichen Sachverhalt dar, der unter § 15 a UStG als eigenen Steuertatbestand falle.
Dem Gericht haben die Streitakte des Verfahrens 7 K 7008/08, die Umsatzsteuer- und ...