Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelumsatzsteuersatz für nicht als Sammlungsstücke, sondern für die Post hergestellte Vordruckerzeugnisse wie Ersttagsbriefe, Ganzsachen, Briefmarken, -alben, -mappen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Umsatzsteuerermäßigung für Sammlungsstücke nach Nr. 49 Buchst. f der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist mit den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG nicht vereinbar und widerspricht damit vorrangigem Gemeinschaftsrecht. Der Steuerpflichtige kann sich jedoch auf die für ihn günstige nationale Regelung berufen.
2. Für die Post gefertigte Rohlinge von Ersttagsblättern und Ganzsachen (Briefumschläge, Postkarten mit aufgedruckten Postwertzeichen), Briefmarken bzw. Druckvorlagen für Briefmarken, gelieferte Briefmarkenmappen und -alben unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz nach Anlage Nr. 49 Buchst. f zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, sondern dem regulärem Umsatzsteuersatz.
3. Dies gilt ebenso für als Informationsblätter bzw. -hefte anzusehende sog. Klappkarten, die samt aufgedruckten/aufgeklebten Briefmarken und erläuterndem, die neu herausgegebene Briefmarke bewerbenden Begleittext nicht dem ermäßigten Steuersatz nach Anlage Nr. 49 Buchst. a zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG unterliegen.
Normenkette
UStG 1993/1999 § 12 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1993/1999 Anlage Nr. 49 Buchst. f; UStG 1993/1999 Anlage Nr. 49 Buchst. a; UStG 1993/1999 § 12 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 12 Abs. 3 Buchst. a UAbs. 3 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 12 Abs. 3 Buchst. a UAbs. 3 S. 2; EWGRL 388/77 Art. 12 Abs. 3 Buchst. a UAbs. 1; EWGRL 388/77 Anh. H Nr. 6; KN Pos. 4907; KN Pos. 9704; PostG § 43 Abs. 1, 2 S. 2; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin, eine Druckereiunternehmung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, begehrt die Aufhebung der Vollziehung der Umsatzsteuerfestsetzungen 1997 bis 2000, um die Verkäufe verschiedener ihrer Druckerzeugnisse nicht in die Bemessungsgrundlage ihrer dem Regelsteuersatz, sondern dem ermäßigten Steuersatz für Briefmarken und dergleichen als Sammlungsstücke unterfallenden Umsätze einbeziehen zu können.
Geschäftsgegenstand der Antragstellerin ist der Wert- und Sicherheitsdruck. Zu ihrer Fertigung zählen u.a. Rohlinge von Ersttagsblättern und Ganzsachen (Briefumschläge, Postkarten und dergleichen mit aufgedrucktem Postwertzeichen) regelmäßig nebst dazu gehörigen Briefmarken bzw. Druckvorlagen für Briefmarken. Nach dem Aufkleben bzw. dem Aufdruck der Briefmarken auf die Rohlinge der Ersttagsblätter und Ganzsachen gehen diese Produkte vornehmlich an die Niederlassung … Post (folgend: Post), die sie ihrerseits interessierten Briefmarkensammlern weiterverkauft. Darüber hinaus bezieht die Antragstellerin Briefmarkenmappen und -alben, die sie vor ihrem Weiterverkauf mit vollständigen Briefmarkensammlungen bestückt. Der Preis dieser Verkaufsstücke entspricht dabei dem Wert der von ihnen eingeschlossenen Postwertzeichen. Des Weiteren betreffen die Drucksachen der Antragstellerin sogenannte „Klappkarten” im Zusammenhang mit der Einführung neuer Briefmarken. Sie werden von der Post im Allgemeinen an Medienvertreter ausgegeben, um mittels Textpassagen oder kleinerer Abbildungen eine Information über den Anlass für die Ausgabe einer neuen Briefmarke, deren Gestaltung oder auch dafür verantwortlichen Graphiker zu liefern. In diese Klappkarten sind dabei jeweils ein oder mehrere Exemplare der neu ausgegebenen Briefmarke eingeklebt.
In der Zeit vom 12. Mai 2003 bis zum 22. September 2004 erfolgte bei der Antragstellerin eine u.a. die Umsatzsteuer der Jahre der Jahre 1997 bis 2001 betreffende Außenprüfung. In seinem 2. geänderten Bericht vom 9. Mai 2008 hob der Prüfer insofern hervor, dass die von der Antragstellerin im Prüfungszeitraum an die Post gelieferten Ersttagsblätter, Ganzsachen, Klappkarten, Briefmarkenmappen und -alben als sonstige Druckerzeugnisse, nicht aber als Briefmarken bzw. als Informationsblätter und -hefte anzusehen seien und deshalb die entsprechenden Umsätze entgegen dem Ansatz der Antragstellerin nicht einem ermäßigten, sondern dem regulären Steuersatz von 15 bzw. 16 vom Hundert (v.H.) unterlägen (Tz. 23 des Berichts). Dem entsprechend war eine Erhöhung der gegenüber der Antragstellerin zu erhebenden Umsatzsteuer um xxx DM für 1997, um xxx DM für 1998, um xxx DM für 1999 und um xxx DM (2000) vorgezeichnet (Tz. 37 des Berichts).
Mit Umsatzsteuerbescheiden 1997 bis 2000 allesamt vom 6. August 2008 wertete der Antragsgegner diesen Bericht aus. Er änderte die vorangegangenen, jeweils mit dem Vorbehalt der Nachprüfung versehenen Umsatzsteuerbescheide 1997 bis 2000 auf der Grundlage von § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO –, setzte die Umsatzsteuern bezogen auf den Prüfungsbericht vom 9. Mai 2008 herauf und hob zugleich jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Gegen...