rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösung einer von einer Kapitalgesellschaft gebildeten Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG bei Verschmelzung der Gesellschaft auf andere Kapitalgesellschaft und Ende der sechsjährigen Reinvestitionsfrist zum steuerlichen Verschmelzungsstichtag: Gewinnerhöhung durch Auflösung der Rücklage und Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG nicht bei der übernehmenden, sondern bei der übertragenden Kapitalgesellschaft. Verlängerung der Reinvestitionsfrist durch Bauantrag der Schwesterpersonengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Verschmelzung von zwei Kapitalgesellschaften hat die übertragende Gesellschaft zum Übertragungsstichtag eine Gewinnermittlungsbilanz aufzustellen, die der Übertragungsbilanz gedanklich vorgeschaltet ist und das Ergebnis der laufenden Geschäftstätigkeit der übertragenden Gesellschaft bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag ausweist. Wenn der steuerliche Übertragungsstichtag mit dem regulären Bilanzstichtag der Übernehmerin zusammenfällt (im Streitfall: 31.12.), sind die Wirtschaftsgüter und sonstigen Bilanzpositionen des übertragenden Rechtsträgers somit doppelt, nämlich sowohl in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft als auch in der steuerlichen Jahresbilanz der Übernehmerin aufzuführen.
2. Bei einer Verschmelzung unter Buchwertfortführung ist eine von der übertragenden Körperschaft gebildete Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG von der übernehmenden Kapitalgesellschaft in der Weise fortzuführen, wie sie von der übertragenden Körperschaft hätte fortgeführt werden können bzw. müssen. Läuft die nach § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG auf sechs Jahre verlängerte Reinvestitionsfrist zum Übertragungsstichtag aus, darf die § 6b-Rücklage schon in der Schluss- bzw. Übertragungsbilanz der übertragenden Gesellschaft nicht mehr ausgewiesen werden und muss von dieser gewinnerhöhend aufgelöst werden. Auch der Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG ist bei der übertragenden Gesellschaft vorzunehmen. Es ist insoweit nicht zulässig, die Gewinnerhöhung und den Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG bei der übernehmenden Gesellschaft anzusetzen (gegen FG Münster, Urteil v. 17.9.2018 – 13 K 2082/15 K, G, nicht rechtskräftig, Revision beim BFH anhängig unter Az. XI R 39/18).
3. Eine Personengellschaft kann die auf sechs Jahre verlängerte Reinvestitionsfrist für eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG auch aufgrund eines von einer Schwesterpersonengesellschaft vor Ablauf von vier Jahren gestellten Bauantrags in Anspruch nehmen.
Normenkette
EStG § 6b Abs. 3 Sätze 1, 3, 5, Abs. 1, 7; UmwStG 2006 § 2 Abs. 1 Sätze 1-2, § 12 Abs. 3, § 4 Abs. 2 S. 1; UmwG § 5 Abs. 1 Nr. 6, § 17 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Rücklage gem. § 6b des Einkommensteuergesetzes –EStG– bei der übertragenden oder bei der aufnehmenden Gesellschaft einer Verschmelzung aufzulösen ist.
Die B. GmbH & Co. KG veräußerte im Jahr 2006 einen wesentlichen Teil ihres Grundbesitzes und stellte in die Steuerbilanz zum 31. Dezember 2006 eine Rücklage gem. § 6b Abs. 3 EStG in Höhe von zunächst 4.965.184,50 EUR ein. Aufgrund einer Außenprüfung wurde der Rücklagebetrag in der Bilanz auf den 31. Dezember 2009 geringfügig auf 4.949.773,50 EUR reduziert. Ebenfalls in der Steuerbilanz auf den 31. Dezember 2009 stellte die B. GmbH & Co. KG einen weiteren Betrag in Höhe von 98.871,– EUR aufgrund eines erst dann vollzogenen Grundstücksverkaufs in die Rücklage gem. § 6b Abs. 3 EStG ein. Im Jahr 2010 wurde die Rücklage in Höhe von 1.604.491,– EUR auf eine Schwesterpersonengesellschaft der B. GmbH & Co. KG, die C. GmbH & Co. KG, übertragen und dort von den Anschaffungskosten des unbebauten Grundbesitzes abgezogen. Ebenfalls im Jahr 2010 stellte die C. GmbH & Co. KG einen Bauantrag zur Errichtung einer Lagerhalle mit Büro auf dem Grundstück. Die Fertigstellung des Gebäudes war bis spätestens Ende 2012 geplant. Dann sollte der Restbetrag der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG von den Herstellungskosten dieses neu zu errichtenden Gebäudes abgezogen werden. Die Baugenehmigung für das Gebäude wurde am 19. Dezember 2011 erteilt. Zu der geplanten Reinvestition kam es letztlich nicht. Ursächlich dafür war, dass der Beklagte zwischenzeitlich die von der B. GmbH & Co. KG im Jahr 2006 gebildete Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG nicht anerkannt hatte. Dies hatte zu erheblichen Steuernachforderungen geführt, die die Finanzierung der Baumaßnahmen vereitelten. Das Gebäude wurde nicht errichtet. Erst im Jahr 2015 erließ der Beklagte erneute Änderungsbescheide, mit denen er die von der B. GmbH & Co. KG für 2006 gebildeten Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG akzeptierte.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 5. Dezember 2012 schied die persönliche haftende Gesellschafterin der B. GmbH & Co. KG aus der Gesellschaft aus mit der Folge, dass das Gesellschaft...