rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine schlichte Änderung einer Einspruchsentscheidung bezüglich einer Tat- und Rechtsfrage, die bereits Gegenstand der Einspruchsentscheidung war
Leitsatz (redaktionell)
Ein während der Klagefrist gestellter, auf § 172 Abs. 1 Sätze 2, 3 AO gegründeter Antrag auf schlichte Änderung einer Einspruchsentscheidung kann nicht zur nochmaligen vollständigen rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Bescheids führen, wenn die streitigen Tat- oder Rechtsfragen bereits Gegenstand der Einspruchsentscheidung waren (vgl. FG-Rechtsprechung). Sofern der Steuerpflichtige insoweit eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung durch die Einspruchsentscheidung begehrt, muss er Klage erheben.
Normenkette
AO § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, Sätze 2-3, § 367
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2018 lehnte die Beklagte einen Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid über die Ablehnung von Kindergeld für das Kind B… ab Juli 2013 ab. Als Ablehnungsgrund führte die Beklagte an, dass ein inländischer Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt der Klägerin nicht hinreichend nachgewiesen sei. Hieraufhin stellte die Klägerin einen Antrag auf schlichte Änderung der Einspruchsentscheidung mit der Begründung, dass sich aus den bereits vorliegenden und weiteren, mit dem Antrag auf Änderung vorgelegten Unterlagen ein inländischer Wohnsitz ergebe. Die Beklagte erließ am 4. Dezember 2018 eine Einspruchsentscheidung zulasten der Klägerin, mit der sie den Antrag auf schlichte Änderung der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2018 ablehnte.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 14. Januar 2019 (Eingang bei Gericht) Klage erhoben, mit der sie weiterhin geltend macht, einen inländischen Wohnsitz im Streitzeitraum besessen zu haben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 9. März 2018 zu verpflichten, die Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2018 dahingehend zu ändern, dass Kindergeld für das Kind B… für den Zeitraum Juli 2013 bis einschließlich Februar 2018 gewährt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung neben der Verfahrensakte eine Kindergeldakte (paginiert von Bl. 1 bis Bl. 194) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Die Klagefrist wurde nicht versäumt. Ausweislich des eingereichten Briefumschlags kam es zu einer Laufzeitverzögerung bei der Zustellung der Einspruchsentscheidung. Der Verzögerungsvermerk trägt das Datum 11. Dezember 2018. Danach muss davon ausgegangen werden, dass eine Bekanntgabe der Entscheidung nicht vor dem 14. Dezember 2018 erfolgte. Die Klage ging am 14. Januar 2019 – und damit innerhalb der einmonatigen Klagefrist – bei Gericht ein.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die Beklagte hat den Antrag auf schlichte Änderung der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2018 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Tat- und Rechtsfragen, über die in der (ursprünglichen) Einspruchsentscheidung bereits entschieden worden ist, können nicht in einem Änderungsverfahren nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Satz 2 und Satz 3 Halbsatz 1 Abgabenordnung – AO – erneut geprüft werden (vgl. BFH, Beschluss vom 5. Februar 2010 – VIII B 139/08, BFH/NV 2010, 831; Niedersächsisches FG, Urteil vom 8. Mai 2019 – 4 K 108/17, EFG 2019, 1637; FG Münster, Urteil vom 19. Oktober 2017 – 5 K 3971/14 U, EFG 2017, 1865; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2017 – 5 K 11174/15, EFG 2017, 1404; FG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2016 – 11 K 2694/13 E, EFG 2017, 709; FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 1. Juli 2015 – 7 K 7245/12, EFG 2015, 1587; FG Köln, Urteil vom 11. Juni 2008 – 4 K 3560/07, EFG 2009, 1432; FG München, Urteil vom 21. März 1995 – 1 K 3248/94, EFG 1995, 787).
Vorliegend macht die Klägerin indes mit ihrem Antrag auf schliche Änderung der Einspruchsentscheidung erneut lediglich geltend, dass sie einen inländischen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Streitzeitraum innegehabt habe. Über diese Tat- und Rechtsfrage ist jedoch bereits mit der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2018 entschieden worden. Sofern sie eine Überprüfung dieser Entscheidung begehrt, hätte sie dagegen Klage erheben müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da zu der streitigen Rechtsfrage ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig ist (VIII R 30/17).
Fundstellen
Haufe-Index 14207655 |
EFG 2020, 885 |