Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Stipendien i. S. des § 3 Nr. 44 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Maßgebend dafür, ob ein Stipendium zur Förderung der Forschung oder zur wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt wird, ist die subjektive Zweckbestimmung, d. h. der Wille und die Vorstellung des Stipendiengebers.
Die Grenze zwischen Stipendien, die ausschließlich der Forschung dienen, und solchen, die der Fortbildung dienen, kann fließend sein.
Anders als in § 3 Nr. 11 EStG stellt der Gesetzgeber in § 3 Nr. 44 Buchst. a EStG nicht darauf ab, dass durch das Stipendium „unmittelbar“ die Forschung gefördert wird. Die mittelbare Förderung reicht aus, um die Steuerfreiheit zu gewähren.
Normenkette
EStG § 3 Nrn. 44, 44 Buchst. a
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin erzielte im Streitjahr 1995 Honorare in Höhe von 5.600,00 DM aus ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit als Germanistin. Daneben erhielt sie ein Stipendium nebst einer Pauschale für Sachmittel / Reisekosten in Höhe von insgesamt 22.900,00 DM, das im Rahmen des Förderprogramms Frauenforschung von der Senatsverwaltung ... zur Erstellung einer Studie zum Thema „...“ bewilligt wurde.
Der Beklagte sah lediglich die Sachmittelpauschale in Höhe von insgesamt 1.800,00 DM als steuerfrei an und erhöhte die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit um 21.100,00 DM. Die Einkommensteuer 1995 wurde mit Bescheid vom 18. Dezember 1997 auf 2.145,00 DM festgesetzt.
Der hiergegen gerichtete Einspruch führte insoweit zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1995, als von den Honorareinnahmen Betriebsausgaben pauschal mit einem Betrag von 1.200,00 DM abgezogen wurden und die tarifliche Einkommensteuer zur Steuerfreistellung des Existenzminimums um 18,00 DM gemindert wurde. Hinsichtlich der begehrten Steuerfreiheit des Stipendiums nach § 3 Nr. 44 Einkommensteuergesetz - EStG - blieb der Einspruch jedoch erfolglos.
Der Beklagte verwies hierzu mit Einspruchsentscheidung vom 30. März 1999 insbesondere auf die Regelung in R 6 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1993 zu § 3 Nr. 44 EStG, wonach Stipendien zur unmittelbaren Förderung der Forschung - im Unterschied zu den Stipendien zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Aus- und Fortbildung - nur insoweit steuerfrei seien, als die Mittel zur Schaffung der sachlichen Voraussetzungen zur Erfüllung einer Forschungsaufgabe verwendet würden (Sachbeihilfe). Beihilfen für die persönliche Lebensführung des Empfängers seien nach § 18 oder § 19 EStG steuerpflichtig.
Maßgebend für die Einordnung des Stipendiums sei die subjektive Zweckbestimmung, d. h. der Wille des Stipendiengebers. Im Streitfall ergebe sich diese aus der in dem Bewilligungsbescheid der Senatsverwaltung bezeichneten Aufgabe, einer Forschungsaufgabe. Selbst wenn das Stipendium im Streitfall auch, jedoch nur als Nebenzweck, dazu gedient habe, die Klägerin in ein völlig neues Gebiet mit anderen Arbeitschancen einzuarbeiten, sei Förderziel vorliegend nicht die Aus- und Fortbildung gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 30. März 1999 Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 30. April 1999 hat die Klägerin Klage gegen die Einspruchsentscheidung erhoben und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe - PKH - unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... beantragt. In der Klageschrift wurde darauf hingewiesen, dass die Klage erst nach Gewährung der PKH als eingereicht gelten solle.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin ausgeführt, laut Bescheinigung der Senatsverwaltung ... als Stipendiengeber stelle die Gewährung des Stipendiums eine Förderung der wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung dar. Das Förderprogramm habe entsprechend der Richtlinien das Ziel, Frauen für den akademischen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Zweck des Stipendiums sei daher die Aus- und Fortbildung, was nicht ausschließe, dass sich die Arbeiten inhaltlich mit der Erforschung bestimmter Sachverhalte befassten. Wieso im Übrigen nach Auffassung der Finanzverwaltung die Deckung des Lebensbedarfs nicht bei Forschungsstipendien, wohl aber bei Aus- und Fortbildungsstipendien begünstigt sein solle, sei als sachlicher Differenzierungsgrund im Sinne des Artikels 3 Grundgesetz - GG - nicht einleuchtend. Die Auslegung des § 3 Nr. 44 EStG sei zu eng. Aus dem Wortlaut der Vorschrift sei die Differenzierung kaum herauszulesen. § 3 Nr. 44 Satz 3 EStG besage eher das Gegenteil.
Der erkennende Senat hat den Antrag auf Gewährung von PKH mit Beschluss vom 17. Mai 2000 unter Hinweis auf § 115 Abs. 3 Zivilprozessordnung - ZPO - zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin laut Empfangsbekenntnis am 22. Mai 2000 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2000 hat der Bevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des Versäumens der Wiedereinsetzungsfrist für die Klage beantragt. Zur Begründung hat er darauf v...