Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung des Grundvermögens auf den 1. Januar 1994 und Grundsteuer 1994
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Erhöhung der grundsteuerlichen Gesamtbelastung durch den Wegfall der sogenannten Berlinermäßigung von 20 v. H. der Einheitswerte des Grundvermögens (§ 122 Abs. 3 [jetzt Satz 1] Nr. 2 Bewertungsgesetz –BewG– in Verbindung mit der Verordnung vom 2. September 1966, Bundesgesetzblatt –BGBl– I S. 555) für Feststellungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 1993 und die Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes zum 1. Januar 1994 verfassungswidrig ist.
Der Kläger ist Eigentümer der bebauten Grundstücke … und … in … die vor dem streitigen Stichtag als Mietwohngrundstücke … nach Ertragswerten von … DM … DM (… und … DM …) bewertet wurden; die Einheitswerte wurden aufgrund des § 1 der Verordnung vom 2. September 1966 um 20 v. H. ermäßigt und mit… DM … DM (…) und … DM (…) festgestellt.
Durch Art. 14 des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz –StMBG–) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2310) wurde § 122 Abs. 3 BewG ein zweiter Satz angefügt, wonach die Geltung der Ermächtigung gemäß dem bisherigen Abs. 3 zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf die Zeit bis zum 30. Dezember 1993 beschränkt wurde. Ferner wurde die Ermäßigung der Einheitswerte der in Berlin (West) belegenen bebauten Grundstücke gemäß § 1 der Verordnung vom 2. September 1966 nach Art. 15 StMBG auf Feststellungszeitpunkte vor dem 1. Januar 1994 begrenzt. Durch die ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 1994 angefügte Vorschrift des § 122 Abs. 5 BewG wurde bestimmt, daß der Wegfall der Ermäßigung einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gleichstehe, die 1993 eingetreten sei, und daß § 27 BewG insoweit nicht anzuwenden sei.
Unter Hinweis auf die geänderte Rechtslage stellte der Beklagte jeweils durch zusammengefaßte Bescheide vom 4. Februar 1994 die Einheitswerte des Grundvermögens auf den 1. Januar 1994 im Wege der Wertfortschreibung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung –AO auf … DM (…) DM … und … DM (…) fest und setzte die Grundsteuermeßbeträge zum selben Stichtag auf … DM … DM … und … DM (…) fest. Ebenfalls durch Bescheide vom 4. Februar 1994 wurde die Grundsteuer 1994 nach einem gemäß § 2 Abs. 1 lit. b) Haushaltsgesetz – HG– 1994 vom 17. Dezember 1993 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin –GVBl– S. 635) von 500 auf 550 v. H. erhöhten Hebesatz … auf … DM (…) DM (…) und … DM (…) festgesetzt.
Die gegen „die neuen Einheitswert- und Grundsteuerbescheide” für die streitbefangenen Grundstücke und weitere Grundstücke bei der Oberfinanzdirektion Berlin –OFD– erhobenen Einsprüche vom 10. Februar 1994 hatten keinen Erfolg; der Beklagte wies durch Einspruchsentscheidungen vom 24. November 1994 jeweils „den Einspruch vom 10. Februar 1994 gegen den – Einheitswertbescheid – Grundsteuermeßbescheid – auf den 1. Januar 1994” als unbegründet zurück.
Mit den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung im vorliegenden Verfahren verbundenen Klagen „wegen Aufhebung der Grundsteuer–, Einheitswert- und Grundsteuer-Meßbescheide” auf den 01. Januar 1994 begehrt der Kläger die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Er ist der Auffassung, die Erhöhung der Grundsteuer um 37,5 v. H. infolge des Wegfalls der Berlin-Ermäßigung der Einheitswerte und der Erhöhung des Hebesatzes zum 01. Januar 1994 sei verfassungswidrig. Schon der Wegfall der Berlin-Ermäßigung aufgrund der Art. 14 f. StMBG verstoße gegen Art. 109 Abs. 1 Grundgesetz –GG–. Denn durch die kurzfristige Änderung sei den Ländern keine Gelegenheit gegeben worden, selbständig und voneinander unabhängig die Steuergrundlagen zu entwickeln. So hätten die Behörden des Landes Berlin nicht einmal sicher gewußt, ob und wann die Berlin-Ermäßigung aufgehoben werde. Daher sei der Hebesatz aus haushaltsrechtlichen Gründen parallel und völlig unabhängig ohne Abstimmung mit der Gesetzgebung des Bundes erhöht worden. Selbst wenn jede Maßnahme für sich allein betrachtet verfassungsgemäß wäre, so seien sie doch in der Gesamtschau verfassungswidrig.
Die Erhöhung der Grundsteuer um 37,5 v. H. verstoße auch gegen das Übermaßverbot. Dem Vermieter jedenfalls sei eine Mieterhöhung von mehr als 20 v. H. durch das Gesetz zur Regelung der Miethöhe –MHG– verwehrt. Im übrigen sei nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– zur Vermögensteuer vom 22. Juni 1995 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts –BVerfGE– 93, 121 = Bundessteuerblatt –BStBl– II 1995, 655) nunmehr jede Steuererhöhung verfassungswidrig. Denn der Wegfall der Berlinermäßigung hätte sogar zu einer Senkung des Hebesatzes führen müssen, weil die Grundstückswerte gerade im Hinblick auf die frühere lange Mietpreisbindung, die Übergangsregelung des Mietrechts und die jetzige Regelung des MHG hinter den Grundstü...