Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug gem. § 8 Abs. 4 KStG bei Zuführung neuen Betriebsvermögens unmittelbar vor Anteilsübertragung
Leitsatz (redaktionell)
Die für den Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 4 KStG erforderliche wirtschaftliche Identität eines Unternehmens hängt nicht nur vom Unternehmenszweck, der wirtschaftlichen Bedeutung und den Anteilseignern ab, sondern auch wesentlich vom Betriebsvermögen der jeweiligen Körperschaft. Das Unternehmen ist wirtschaftlich nur dann ein anderes Unternehmen, wenn sein Vermögen in wesentlichen Teilen ausgetauscht oder vermehrt wird. Unter Zuführung neuen Betriebsvermögens ist nur die - gegenständliche - Zuführung neuen Aktivvermögens (Anlagevermögen) zu verstehen. Die Neuzuführungen müssen den vor der Zuführung bestehenden Bestand des restlichen Aktivvermögens übersteigen.
Auch der Wechsel von einer mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung ist geeignet, den Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 4 KStG auszuschließen. Maßgebend ist allein die zivilrechtliche Übertragung der qualifizierten Anteilsmehrheit.
§ 8 Abs. 4 KStG sieht für Veranlagungszeiträume ab 1998 eine vorgeschriebene Reihenfolge zwischen Anteilsübertragung und Zuführung neuen Betriebsvermögens nicht vor. Der Verlustabzug ist deshalb auch dann ausgeschlossen, wenn neues Aktivvermögen nicht nach, sondern unmittelbar vor der Übertragung der Anteile erworben worden ist. Das gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten es in der Hand haben, den Zeitlauf betreffend Kapitalzuführung und Anteilsübertragung zu bestimmen.
Normenkette
EStG 2002 § 10d; KStG 2002 § 8 Abs. 4 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin gemäß § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes -KStG- im Jahr 2000 ihre wirtschaftliche Identität verloren hat und demzufolge die bis dahin gesondert festgestellten verbleibenden Verluste vom Verlustabzug ausgeschlossen sind. Umstritten ist insbesondere, ob die Zuführung neuen Betriebsvermögens auch dann schädlich im Sinne von § 8 Abs. 4 KStG ist, wenn sie zeitlich vor der Übertragung der Geschäftsanteile erfolgt.
Die Klägerin ist ein als Treuhandbetrieb fortgeführtes Nachfolgeunternehmen des früheren xxx. Sie hatte neben der Beteiligung an Unternehmen der Textilbranche den Handel mit Baumwolle zum Unternehmensgegenstand. Aus der aktiven Handelstätigkeit resultierten erhebliche Verlustvorträge. Zum 31.12.1999 stellte das damals zuständige Finanzamt xxx einen Körperschaftsteuerverlustvortrag in Höhe von 25.006.643 DM fest. Zuvor war der Geschäftsbetrieb im Jahr 1998 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Die Klägerin beschäftigte sich nur noch mit der Abwicklung der Altforderungen/ Altverbindlichkeiten und dem Halten von Beteiligungen an anderen Firmen.
Gesellschafter der Klägerin waren Anfang des Jahres 2000 die Firmen xxx (Kuty/ Slowakei) - xxx - mit 77,78 % und die xxx (Berlin) mit 22,22 % der Anteile. Am 19. Juli 2000 kaufte Herr xxx von der Fa. xxx, deren alleiniger Gesellschafter- Geschäftsführer er ebenfalls ist, den gesamten Anteil der seit 1999 von der xxx gehaltenen Geschäftsanteile an der Klägerin (77.78 %). Die Klägerin erwarb kurze Zeit davor mit Vertrag vom 15. Juni 2000 von ihrem Gesellschafter- Geschäftsführer xxx zum 1. Juli 2000 seinen 100 % Kommanditanteil an der xxx . Aus dieser Beteiligung erzielte die Klägerin Gewinne von 140.000 DM für 2000, 330.000 DM für 2001 und 36.000 Euro für 2002. Das Aktivvermögen der Klägerin betrug nach den Feststellungen der bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung zum 1. Juli 2000 553.586 DM, nach Angaben der Klägerin 606.374 DM, während das Aktivvermögen der xxx zu diesem Zeitpunkt unstreitig 830.997 DM betrug.
Die Klägerin erklärte zum 31.12.2001 unter Berücksichtigung eines Verlustabzuges in Höhe des Gesamtbetrages der Einkünfte von 75.854 DM einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe von 25.008.389 DM und für 2002 in Höhe von 24.895.851 DM.
Der Beklagte führte bei der Klägerin eine die Jahre 2000 bis 2002 betreffende Außenprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die entstandenen Verluste nach § 8 Abs. 4 KStG als nicht mehr vortragsfähig zu beurteilen und die Verlustvorträge entsprechend zu kürzen seien (vergl. Tz. 1.17 und 2.1 sowie Anlage 10 zum Prüfungsbericht).
Auf Grund der im Prüfungsbericht vom 7. Dezember 2004 getroffenen Feststellungen änderte das Finanzamt xxx am 24. März 2005 die zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000 und 2001 und stellte die verbleibenden Verlustvorträge auf 14.979 DM (2000) und auf Null DM (2001) fest. Für 2002 hob das Finanzamt den zunächst ergangenen Bescheid vom 5. Juli 2004 am 24. März 2005 auf.
Ihre am 20. April 2005 dagegen eingelegten Einsprüche vom 18. April 2005 begründete die Klägerin dahingehend, dass die im Streitfall gegebene Zuführung neuen Aktivvermögens in Form der Übernahme des Kommanditanteils...