Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze auf Grund arbeitsmedizinischer Leistungen nach dem ASiG und anderer Regelungen
Leitsatz (redaktionell)
Umsätze aus der Erbringung arbeitsmedizinischer Leistungen nach dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und anderer Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) sowie nach anderen gesetzlichen oder berufsgenossenschaftlichen Regelungen - mit Ausnahme der Einstellungsuntersuchungen - fallen unter den Begriff der Heilbehandlung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, da sie in erster Linie dem Schutz der Gesundheit betroffener Arbeitnehmer dienen sollen.
Normenkette
UStG § 4 Nrn. 14, 16 Buchst. c; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b, g
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Umsatzsteuerfreiheit der vom Kläger bzw. vom xxx nach dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit -ASiG- vom 12. Dezember 1973 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1973, 1885) in der Fassung vom 12. April 1976 (BGBl I 1976, 965) sowie nach anderen gesetzlichen bzw. betriebsgenossenschaftlichen Regelungen erbrachten arbeitsmedizinischen Leistungen.
Der Kläger ist eine Körperschaft des privaten Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 Körperschaftsteuergesetz -KStG-, die im Vereinsregister des Amtsgerichts xxx unter xxx eingetragen ist. Die streitigen Umsätze resultieren aus der Tätigkeit des im xxx x Vereinsregister eingetragenen xxx, der mit Wirkung vom 16. Juli 1997 durch Übertragung seines Vermögens als Ganzes unter Ausschluss der Abwicklung mit dem mit dem Sitz in xxxx verschmolzen worden ist. Der xxx - nachfolgend als Kläger bezeichnet- hatte nach seiner Satzung den Zweck, als Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft Menschen, Umwelt und Sachgüter vor nachteiligen Auswirkungen technischer Anlagen oder Einrichtungen aller Art zu schützen. Zu diesem Zweck stellte der xxx eine Sachverständigenorganisation zur Beratung, Begutachtung, Prüfung und Überwachung auf den Gebieten der Sicherheitstechnik und des Umweltschutzes bereit (§ 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 der Satzung).
Der Kläger hatte mit verschiedenen Arbeitgebern Verträge über die Durchführung arbeitsmedizinischer Leistungen auf der Grundlage des ASiG geschlossen. Das ASiG verpflichtet den Arbeitgeber, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen, und legt deren Aufgaben in den §§ 3 und 6 fest. Wegen der Einzelheiten zu den vom Kläger übernommenen Aufgaben wird auf den von ihm vorgelegten Mustervertrag über die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung Bezug genommen (Bl. 29-32 Streitakte -StrA-).
Die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen nach dem ASiG war zunächst Gegenstand eines Schriftwechsels mit der Finanzverwaltung. So hatte die Behörde X mit Schreiben vom 24. November 1995 (xxx) noch die Auffassung vertreten, der Kläger sei mit dem Bereich Arbeitsmedizin eine Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung, Diagnostik oder Befunderhebung. Die Steuerfreiheit der unter ärztlicher Aufsicht erbrachten abgrenzbaren Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG und in Einzelfällen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 c ASiG gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. c Umsatzsteuergesetz -UStG- wurde jedoch unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Leistungen des Klägers fast ausschließlich von Arbeitgebern und nicht von Sozialträgern bezahlt würden, so dass die Voraussetzung, dass die Leistungen im vorangegangenen Jahr mindestens 40 % gesetzlich Sozialversicherten, Sozialhilfeempfängern oder Versorgungsberechtigten zugute gekommen seien, nicht erfüllt werde. An dieser Auffassung hielt X nicht mehr fest, nachdem der Bundesfinanzhof -BFH- mit Urteil vom 8. Mai 1996 (XI R 47/95, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 180, 209, Bundessteuerblatt -BStBl- I I 1997, 151) entschieden hatte, dass das Merkmal "zugute kommen" in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG nicht die Übernahme der Kosten durch die Träger der Sozialleistungen voraussetzt. X gelangte mit Schreiben vom 25. April 1997 ( xxx) unter Hinweis auf einen Beschluss der Umsatzsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nunmehr zu der Auffassung, die Steuerfreiheit scheitere daran, dass ein mit der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 3 ASiG beauftragtes Unternehmen nicht als Einrichtung ärztlicher Diagnostik oder Befunderhebung anzusehen sei. Dies gelte auch dann, wenn von den in § 3 Abs. 1 ASiG genannten Aufgaben lediglich die Aufgabe übernommen werde, die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG).
In der Zeit vom 24. Juli 1996 bis 3. März 1998 (mit Unterbrechungen) wurde beim Kläger eine Betriebsprüfung durchgeführt, die mit Bericht vom 6. März 1998 zu dem Ergebnis kam, dass die Leistungen nach dem ASiG der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien (siehe Teilziffer -Tz.- 43 des Betriebsprüfungsberichts vom 6. März 19...