Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsüberlassung an volljährige unterhaltsberechtigte Tochter
Leitsatz (redaktionell)
Ein Mietverhältnis zwischen den Eltern und ihrer volljährigen, studierenden, unterhaltsberechtigten Tochter ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn der vereinbarte Mietzins aus einer Bargeldschenkung der Eltern und den daraus erwirtschafteten Kapitalerträgen bestritten wird.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 2; AO § 42; FGO § 76 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung für eine von ihren Töchtern bewohnte Wohnung.
Die Kläger sind Eheleute. Im Streitjahr erwarben sie eine 66,1 qm große 2-Zimmer-Eigentumswohnung in der ... in ... Berlin. Am 30. Juli 1996 wandte sich der Kläger schriftlich mit einer Anfrage an den Beklagten. Darin heißt es wörtlich u. a.:
„Wir wohnen z. Zt. mit 4 Erwachsenen in einer 61 qm großen Wohnung. Zudem befindet sich mein Arbeitsmittelpunkt als Außendienstler ebenfalls in dieser Wohnung. Dies bringt Probleme mit sich. Aus diesem Grund werden wir die neue Eigentumswohnung an unsere beiden erwachsenen Töchter vermieten, bis diese selbst geeigneten Wohnraum gefunden haben. Danach wird diese Wohnung an andere Personen weiterhin vermietet. Die Mieteinnahmen sollten uns als soziale Absicherung und Altersvorsorge dienen ...“
Mit Mietvertrag vom 23. Dezember 1996 vermieteten sie die Wohnung an ihre Tochter ... für eine monatliche Kaltmiete von 473,00 DM zuzüglich 90,00 DM Vorauszahlung für die Nebenkosten. Die Kläger gingen davon aus, dass es sich dabei bei der Miethöhe um 50 % der ortsüblichen Vergleichsmiete handelte. Gleichzeitig zog auch die andere Tochter der Kläger, ..., mit in die Wohnung ein. Zur Bestreitung der Mietzahlungen schenkten die Kläger ihrer Tochter ... im Oktober 1996 einen Betrag von 20.000,00 DM, wovon diese 6.000,00 DM für den Umzug und die Wohnungseinrichtung verwendete. Die Kläger wollten auch ihrer Tochter ... nach ihrem Abitur 20.000,00 DM schenken, damit diese in der Lage ist, die Hälfte der Miete zu tragen.
Durch einen „Nebenjob“ erzielte ..., die im Streitjahr noch Schülerin war, monatlich ... DM, darüber hinaus erhielt sie monatlich ... DM von ihrer Großmutter. ... studiert und erzielte im Streitjahr Einkünfte in Höhe von insgesamt ... DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 machten die Kläger Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... DM geltend.
Der Beklagte ließ diese Verluste bei der Veranlagung außer Ansatz. Er erkannte das Mietverhältnis zwischen den Klägern und ihren Töchtern nicht an, da die Schenkung, aus der die Miete für die Wohnung finanziert wurde, auf der Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern beruhe. Außerdem sei die Gestaltung des Mietvertrages rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 Abgabenordnung - AO -, weil die Kinder die Mietzahlungen hauptsächlich aus zuvor hingegebenen Zuwendungen bestritten.
Ihren Einspruch hiergegen begründeten die Kläger damit, dass ihre Töchter entgegen der Annahme des Beklagten nicht auf die laufenden Unterhaltszahlungen zur Finanzierung der Miete angewiesen seien; sie könnten diese Verbindlichkeiten aus den übrigen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln bestreiten. Ihnen stehe Kapitalvermögen wie auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zur Verfügung. Der Mietvertrag stehe einem unter Dritten geschlossenen Vertrag gleich; die Schenkung sei zwar so bemessen, dass sie während der Studienzeit für die Mietzahlungen aufgebraucht werde, sie sei jedoch auf freiwilliger Basis ohne Vorbehalt oder Zweckbindung erfolgt.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 23. Februar 1998 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die im Steuerbescheid gegebene Begründung für die Nichtanerkennung des Mietverhältnisses, nach der die Miete vorliegend nicht aus eigenen Mitteln der Töchter aufgebracht werde, hält der Beklagte unter Berücksichtigung der dazu ergangenen BFH-Rechtsprechung nicht mehr aufrecht. Gleichwohl sei dem Mietverhältnis die Anerkennung zu versagen, weil der vereinbarte Mietzins nicht 50 % der ortsüblichen Vergleichsmiete erreiche. Allenfalls sei von einer teilentgeltlichen Überlassung der Wohnung i. S. d. § 21 Abs. 2 S. 2 EStG auszugehen, der Verlust sei entsprechend zu mindern.
Es fehle aber auch an der Einkünfteerzielungsabsicht, da die Jahreskaltmiete vorliegend nicht einmal die Normal-AfA von 6.089,00 DM ausgleichen würde.
Eine Prüfung der Gesamtsituation zwischen den Beteiligten ergebe, dass die Motive für den Abschluss des Mietvertrages im familiären Bereich zu finden seien. Dieser Eindruck verstärke sich bei Berücksichtigung der Situation der Mieterin. Diese habe die gesamte Miete aus ihren eigenen Mitteln zu tragen, könne aber die Wohnung nicht alleine nutzen. Vielmehr habe sie ihre Schwester mietfrei in die Wohnung aufgenommen, lediglich mit der unverbindlichen Zusicherun...