Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsherausgabe nach § 7 Abs. 7 VermG rechtfertigt abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Nutzungsherausgabe nach § 7 Abs. 7 VermG rechtfertigt eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO.
Normenkette
EStG § 11; AO § 163; VermG § 7 Abs. 7
Nachgehend
Tatbestand
Im Streit ist, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass Beteiligungseinkünfte aus den Jahren 1994 ff. im Billigkeitswege nach § 163 Abgabenordnung -AO- nicht bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt werden.
Bis zum 30. April 1999 war die Klägerin als Lehrerin nichtselbständig tätig. Seither ist sie Rentnerin.
Als Erbin ihres 1993 verstorbenen Ehemanns war sie in den Jahren 1994 bis 1999 zu 1/2 Miteigentümerin des Grundstücks H.straße.
Dieses Grundstück stand am 30. Januar 1933 und danach im Eigentum der Frau L., einer Jüdin, die 1940 in die USA auswanderte. Es wurde 1939 von Herrn Franz F. erworben, nach dessen Tod es im Wege der Erbfolge durch mehrere Hände ging. Schließlich wurde es durch Bescheid vom 22. Februar 1999 entsprechend den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen auf die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung) zurückübertragen. Die Bundesrepublik als neue Eigentümerin machte ihren Anspruch auf Herausgabe der Nutzungsentgelte ab 1. Juli 1994 nach § 7 Abs. 7 Vermögensgesetz -VermG- geltend. Die Herausgabe erfolgte in zwei Teilbeträgen in den Jahren 1999 und 2000.
Das für die Grundstücksgemeinschaft zuständige Finanzamt Charlottenburg führte gesonderte und einheitliche Feststellungen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durch und rechnete dabei den jeweils Beteiligten die laufenden Einkünfte bis zur Rückübertragung zu, während es die herausgegebenen Nutzungsentgelte als negative Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 1999 und 2000 berücksichtigte. Entsprechend wurden die festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei den Einkommensteuerveranlagungen der Klägerin berücksichtigt.
Daraufhin stellte die Klägerin den Antrag, die Einkünfte aus der Grundstücksgemeinschaft bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 1994 ff. aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO außer Ansatz zu lassen (auch die negativen Einkünfte der Jahre 1994, 1999 und 2000), bzw. hilfsweise die auf diese Einkünfte entfallende Steuer nach § 227 AO zu erlassen, wobei das Jahr des Erlasses bzw. der Erlasse ins Ermessen des Beklagten gestellt wurde. Begründet wurde der Antrag damit, dass der Ansatz der Einkünfte in den Jahren 1994 bis 1998 zu einer steuerlichen Mehrbelastung von insgesamt 20.474,00 DM geführt habe trotz der Verluste aus der Herausgabe in den Jahren 1999 und 2000.
Das Finanzamt lehnte die Anträge mit der Begründung ab, dass weder sachliche noch persönliche Billigkeitsgründe vorlägen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit fristgerechtem Einspruch vom November 2000, bezog sich hierbei auf zwei Verfügungen der Oberfinanzdirektion -OFD- Frankfurt/Main vom 31. Juli 1998 und vom 10. März 1999 (Einkommensteuer-Kartei zu § 21 Fach 1 K 12 und 13) und verwies darauf, dass die aus der Grundstücksbeteiligung resultierenden Einkünfte der Jahre 1994 ff. ausschließlich zu einer steuerlichen Mehrbelastung geführt hätten. Wegen des Herausgabeanspruchs bezüglich der Nutzungsentgelte habe sie - so sinngemäß - keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.
Durch Einspruchsentscheidung vom Juli 2002 wies der Beklagte die Einsprüche „in den Sachen Antrag auf Außerachtlassung von Beteiligungseinkünften des Jahres 1997 und Erlass der Einkommensteuer 1997 der Frau F.“ als unbegründet zurück.
In den Gründen führte er aus, dass die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der §§ 163 und 227 AO im Wesentlichen dieselben seien, wobei die Übereinstimmung vor allem die Begriffe der Unbilligkeit in sachlicher wie auch persönlicher Hinsicht betreffe. Im Streitfall sei allein zu prüfen, ob sachliche Billigkeitsgründe eine der genannten Billigkeitsmaßnahmen rechtfertigten.
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass persönliche Billigkeitsgründe nicht geltend gemacht werden.
Weiter führte der Beklagte aus, dass ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nur geboten sei, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden könne, dass dieser die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage, hätte er sie geregelt, im Sinne der beantragten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, müsse also im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar sein. Vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommene Umstände könnten keine sachliche Unbilligkeit begründen. Sachliche Billigkeitsgründe lägen im Streitfall nicht vor.
Die Verfügungen der OFD Frankfurt/Main, auf die sich die Klägerin beziehe und die gleich lautend auch durch die OFD Berlin ergangen seien, erlaubt...