Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung eines Barausgleichs an den Optionsberechtigten durch den Stillhalter einer Kaufoption auf einen Aktienindex keine Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Wer an der Deutschen Terminbörse (DTB, jetzt EUREX) als Stillhalter Kaufoptionen auf den Deutschen Aktienindex (DAX) verkauft, von den Käufern hierfür Optionsprämien erhalten und sich verpflichtet hat, zum Ende der Laufzeit der Option die Differenz zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem jeweiligen Tageskurs des Basiswertes auszugleichen (Barausgleich, „cash-settlement”), muss die erhaltenen Optionsprämien nach § 22 Nr. 3 EStG versteuern. Der vom Stillhalter zum Ende der Laufzeit auf Grund des Optionsgeschäftes geleistete Barausgleich betrifft dagegen ausschließlich die Vermögensebene des Stillhalters und führt daher nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG (Ausführungen zur getrennten steuerlichen Behandlung von Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft).
Normenkette
EStG 1990 § 22 Nr. 3, § 9 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Zahlung eines Barausgleichs an den Optionsberechtigten durch den Stillhalter einer Kaufoption auf den DAX-Index als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist.
Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger schloss im Streitjahr an der Deutschen Terminbörse (DTB, jetzt EUREX) Optionsgeschäfte ab. Neben anderen Geschäften verkaufte er als Stillhalter Kaufoptionen auf den Deutschen Aktienindex (DAX). Er erhielt von den Käufern Optionsprämien in Höhe von insgesamt DM 340.870 und verpflichtete sich, zum Ende der Laufzeit der Option die Differenz zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem jeweiligen Tageskurs des Basiswertes auszugleichen (Barausgleich/ cash-settlement).
Der Kläger leistete im Streitjahr Zahlungen als Barausgleich in Höhe von DM 556.720. Er behandelte diese von ihm geleisteten Zahlungen als Werbungskosten bei der Ermittlung seiner sonstigen Einkünfte. Auf diese Weise ermittelte er unter Berücksichtigung weiterer Einnahmen sonstige Einkünfte aus Leistungen in Höhe von DM 12.649.
Mit Einkommensteuerbescheid 1994 vom 27. November 1995 wurden die Kläger insoweit erklärungsgemäß veranlagt. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Bescheid wurde wegen anderer Punkte mehrfach, zunächst zuletzt am 2. Oktober 1997, geändert.
Bei dem Kläger wurde durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung eine Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer sah die Barausgleichszahlungen als steuerlich unbeachtliche Verluste auf der privaten Vermögensebene an. Er nahm Bezug auf das BMF-Schreiben vom 10. November 1994 (BStBl. I, S. 816).
Im geänderten Einkommensteuerbescheid 1994 vom 7. Januar 1998 wurden entsprechend sonstige Einkünfte aus Leistungen in Höhe von DM 428.219 zu Grunde gelegt. Wegen anderer Punkte erfolgte eine weitere Änderung mit Bescheid vom 3. August 1999.
Ihren Einspruch begründeten die Kläger damit, dass der streitige Barausgleich im BMF-Schreiben vom 10. November 1994 (BStBl. I, S. 816) nicht geregelt sei. Es wäre widersinnig, wenn das nicht der Vermögensebene zuzuordnende Cash-Settlement, dessen Ausmaß durch die Marktentwicklung bestimmt werde, steuerrechtlich unberücksichtigt bleibe, während die von denselben Preisbildungsfaktoren abgeleitete Optionsprämie voll versteuert würde. Dies würde zu einem Verstoß gegen das Nettoprinzip führen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2000 wurde der Einspruch zurückgewiesen.
Das Cash-Settlement in Höhe von DM 556.720 sei nicht als Werbungskosten abziehbar. Zur Begründung wurde auf das BMF-Schreiben vom 10. November 1994 (BStBl. I, S. 816) verwiesen. Das Optionsgeschäft und das sogenannte Ausführungsgeschäft seien zwei separate Rechtsgeschäfte, die steuerrechtlich zu trennen seien. Der BFH sei der in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung von einem einheitlichen Rechtsgeschäft ausdrücklich entgegengetreten (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl. II 191, 300). Das Cash-Settlement sei als nach § 764 BGB als Spiel zu betrachtendes Differenzgeschäft steuerrechtlich unbeachtlich.
Mit ihrer am 31. Juli 2000 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Zur Begründung wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Sie machen geltend, dass der Beklagte sich nicht auf das BMF-Schreiben vom 10. November 1994 (BStBl. I, S. 816) stützen könne.
Die Versagung des Werbungskostenabzugs könne nicht auf das BFH-Urteil vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl. II 191, 300 gestützt werden, da es bei dem zu beurteilenden Optionsgeschäft mit Cash-Settlement keine Basisaktien gebe, so dass auch keine Wertveränderungen eintreten könnten...