Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert in Verfahren über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
In Verfahren über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ist der Streitwert in Höhe von 10 v.H. des Streitwertes der Hauptsache anzunehmen (entgegen Beschluss des Thüriger Finanzgerichts vom 1.9.2000 II 691/00 Ko, EFG 2001, 106).
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die Antragstellerin hat die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1996 in Höhe von 7.007,00 DM Einkommensteuer, 507,22 DM Solidaritätszuschlag und 864,00 DM Zinsen, insgesamt also in Höhe von 8.378,22 DM beantragt. Nach Zustellung des Antrags hat der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung in Höhe von insgesamt 8.868,25 DM verfügt, wobei er von einem höheren Betrag, offenbar erhöht um den bis dahin weiter aufgelaufenen Zinsbetrag, ausgegangen ist.
Mit Schriftsatz vom 08.11.2000 hat die Antragstellerin beantragt, den Streitwert auf 2.217,00 DM, nämlich auf 25 v.H. der zugrundeliegenden steuerlichen Forderungen festzusetzen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die der Antragstellerin vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 09.11.2000 unter Berücksichtigung eines Streitwertes von 887,00 DM festgesetzt. Hiergegen hat die Antragstellerin die Erinnerung 1 Ko 2841/00 erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat.
Der Streitwert ist abweichend vom Ansatz im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss und entgegen der Auffassung der Antragstellerin auf 838,00 DM festzusetzen. Das sind 10 v.H. des Betrages an Einkommensteuer. Solidaritätszuschlag und Zinsen, für den die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz Gerichtskostengesetz, weil die Festsetzung im Hinblick auf die erhobene Erinnerung „angemessen”, das heißt erforderlich erscheint.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
In Verfahren über Anträge auf einstweiligen Rechtschutz, insbesondere bei Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung), nimmt die langjährig ständige und fast einhellige Rechtsprechung der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs einen Streitwert in Höhe von 10 v.H. des Streitwertes der Hauptsache an (vgl. Ruban in Gräber, FGO, Tz. 35 vor § 135 FGO „Aussetzung der Vollziehung” mit Hinweisen auf die Rechtsprechung; anderer Auffassung zuletzt Thüringer Finanzgericht, Beschluss vom 01.09.2000 II 691/00 Ko, Entscheidungen der Finanzgerichte 2001, 106, ebenfalls mit Hinweisen auf anderslautende Rechtsprechung).
Die allgemeine Praxis der Verwaltungsgerichte hingegen, auf die sich die Antragstellerin beruft, weicht davon ab. Der „Streitwertkatalog, erarbeitet von der aus Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit zusammengesetzten Arbeitsgruppe” in der Fassung vom Januar 1996 bemisst unter 1. – Allgemein – 7 bei Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – das sind die dem § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO entsprechenden Fälle des einstweiligen Rechtschutzes gegen die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten – den Streitwert mit einem Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts. Dabei kann nach Satz 2 in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes angehoben werden (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Anlage zu § 189).
Ungeachtet dieses für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgeschlagenen und dort angewendeten Streitwertkatalogs sind die Finanzgerichte auch nach dessen Bekanntwerden bis auf wenige Ausnahmen (vgl. die Zitate u. a. bei Ruban a.a.O. und bei Brandis in Tipke/Kruse, AO und FGO, vor § 135 FGO, Tz. 165, der selbst im übrigen eine Zwischenauffassung vertritt; Thüringer Finanzgericht a.a.O. mit weiteren Hinweisen) bei ihrer Rechtsprechung geblieben. Auch der Senat hält bei der Festsetzung des Streitwertes für das anhängig gewesene Aussetzungsverfahren der Antragstellerin an seiner bisherigen Rechtsprechung und an der herrschenden Auffassung der Finanzgerichte fest.
Diese haben § 13 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz dahin ausgelegt, dass sich das wirtschaftliche (finanzielle) Verfahrensinteresse des Antragsstellers im allgemeinen in der begehrten Suspendierung des Leistungsgebots erschöpft und sich regelmäßig im Hinblick auf den erstrebten Zins- und Finanzierungsvorteil ausreichend und angemessen mit 10 v.H. des Streitwerts der Hauptsache beziffern lässt. Dabei ist der Zins- und Finanzierungsvorteil pauschal nach Ermessen zu bestimmen. Unter Abwägung der jeweils stets individuellen Gegebenheiten einer Eigen- oder Fremdfinanzierun...