Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1995
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gründe
Die Klägerin kaufte gemäß Kaufvertrag vom 22.03.1994 von der X… Strukturentwicklungsgesellschaft mbH, einer Gesellschaft des Landes Brandenburg, Maschinen und Anlagen zum Gesamtpreis von 147.457,69 DM. Die Verkäuferin wies in einer Rechnung Umsatzsteuer in Höhe von 19.233,61 DM aus. Die Klägerin zog diesen Betrag als Vorsteuer ab, bezahlte die Kaufpreisforderung jedoch nicht.
Im Herbst 1995 schloß die Klägerin mit der X… Strukturentwicklungsgesellschaft mbH einen weiteren Vertrag. Danach erließ die X… Strukturentwicklungsgesellschaft mbH der Klägerin die Forderung zum 31.12.1995. Es wurde ferner vereinbart, daß die Klägerin die erworbenen Gegenstände für die betriebsgewöhnliche Restnutzungsdauer zu nutzen und das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen davon in Kenntnis zu setzen habe, wenn die Güter vor Ablauf dieser Frist zu anderen als Ausgründungszwecken verwendet würden. Das Ministerium entscheide dann über die weitere Verwendung und über das weitere Verfahren.
In Abweichung von der eingereichten Umsatzsteuererklärung berichtigte der Beklagte die Vorsteuern für das Jahr 1995 um 19.223,61 DM.
Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage der Klägerin. Sie macht im wesentlichen zur Begründung geltend:
Die Kaufpreisforderung sei nicht uneinbringlich geworden, sondern durch den Erlaß erloschen. Der Erlaß sei einer der Tilgungstatbestände des Bürgerlichen Gesetzbuches und deutlich vom Ausfall einer Forderung, einer Änderung der Bemessungsgrundlage oder einer sonstigen im Umsatzsteuerrecht geregelten Tatbestandskonstellation zu unterscheiden, bei denen die Rechnung zu korrigieren sei und bei der die Abziehbarkeit der Vorsteuer entfalle. Der Erlaßfall habe von § 17 Umsatzsteuergesetz – UStG – auch nicht geregelt zu werden brauchen, da sich hierbei die Bemessungsgrundlage nicht verändere, was mit einer Korrektur der Umsatzsteuerbeträge verbunden sei, und da der Erlaß der Bezahlung gleichzusetzen sei. Das der Vorsteuer zugrundeliegende Rechtsgeschäft sei nicht aufgehoben worden (der Grundgedanke des § 17 UStG), sondern durch den Erlaß bezüglich der Seite der Bezahlung erfüllt. Der Erlaß bedinge auch die rechtsgeschäftlich gleichgerichteten Willenserklärungen der Parteien, so daß er nicht mit den in § 17 UStG geregelten Fällen zu vergleichen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 1995 um die Summe von 19.223,61 DM niedriger festzusetzen,
im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er macht im wesentlichen geltend, § 17 Abs. 2 UStG erfasse auch die Fälle, in denen eine Forderung aus Gründen der betrieblichen Sanierung erlassen werde. Denn der Erlaß führe nicht zum wirtschaftlichen Ausgleich, der Gläubiger werde nicht befriedigt.
Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtenen Umsatzsteuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.
Im Ergebnis zutreffend hat der Beklagte die Umsatzsteuer 1995 dadurch erhöht, daß er die im Jahre 1994 abgezogene Vorsteuer aus der Rechnung der X… Strukturentwicklungsgesellschaft mbH korrigiert hat.
Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, daß sich der Zwang zur Korrektur entgegen der Auffassung des Beklagten nicht aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG ergibt. Denn das vereinbarte Entgelt ist im Streitfall nicht uneinbringlich geworden. Uneinbringlich werden kann nur ein Entgelt, das noch geschuldet wird. Durch den Erlaßvertrag ist die Schuld aber zum 31.12.1995 entfallen. Das Schuldverhältnis ist dadurch erloschen (§ 397 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –).
Die Korrektur der abgezogenen Vorsteuer war aber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG geboten. Denn es hatte sich die Bemessungsgrundlage geändert. Sie war auf 0 DM reduziert worden. Das hatte zur Folge, daß die X… Strukturentwicklungsgesellschaft mbH als Unternehmerin, die den Umsatz aufgeführt hatte, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und die Klägerin als Unternehmerin, an die dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen hatten. Für den Zwang zur Korrektur ist kein Belegaustausch erforderlich. Die Korrektur ist vielmehr ohne weiteres nach Satz 3 der Vorschrift für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Das ist hier der Veranlagungszeitraum 1995, weil der Erlaß zum 31.12.1995 wirksam geworden ist.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, daß der Erlaß einer Erfüllung des Rechtsgeschäftes wie eine Zahlung gleichstehe, und damit keine Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten sei.
Die behauptete Rechtsfolge der Erfüllung ergibt sich nach bürgerlichem Recht schon nicht. Denn nach § 397 Satz 1 BGB erlischt das gesamte Schuldverhältnis, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erläßt. Es ...