Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienleistungsausgleich
Tenor
1. Der Ablehnungsbescheid vom 24. Oktober 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. März 1998 wird aufgehoben und der Klägerin von August bis März 1997 Kindergeld für ihren Sohn A. gewährt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
Die Klägerin hat einen 1976 geborenen Sohn A…. Dieser bestand im Juli 1995 das Abitur und leistete von Oktober 1995 bis Dezember 1996 Zivildienst. Im Anschluß daran bewarb er sich bei verschiedenen Stellen zunächst erfolglos um einen Ausbildungsplatz.
Von Januar bis Ende Juli 1997 arbeitete der Sohn der Klägerin als Hilfspfleger in einem Pflegeheim. Aus dieser Tätigkeit erzielte er Einkünfte in Höhe von DM 16.549,21.
Seit dem 18. August 1997 befindet sich der Sohn der Klägerin in einer Ausbildung zum Industriekaufmann. Seine Ausbildungsvergütung betrug im Jahr 1997 DM 369,17 für August, jeweils DM 772,90 für September und Oktober und DM 789,50 für November und Dezember. Außerdem wurden Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von DM 390,00 gezahlt.
Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kindergeld für ihren Sohn A… ab August 1997 ab. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt sinngemäß,
den Ablehnungsbescheid vom 24. Oktober 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. März 1998 aufzuheben und ihr von August bis Dezember 1997 Kindergeld für ihren Sohn A… zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Ansicht nach lagen die eigenen Einkünfte des Sohnes der Klägerin im Jahr 1997 über der Grenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Er geht dabei davon aus, dass der Sohn der Klägerin zunächst als ein Kind, das eine Ausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. c EStG) anzusehen sei; ab August 1997 qualifiziert der Beklagte den Sohn der Klägerin als ein Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. a EStG). Entsprechend berechnete der Beklagte die eigenen Einkünfte des Sohnes der Klägerin unter Einbeziehung seiner Einkünfte aus der Tätigkeit als Hilfspfleger.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat auch für die Zeit von August bis Dezember 1997 Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn A….
Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wird gemäß § 63 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG für die Zahlung von Kindergeld u.a. dann berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Allerdings dürfen gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die eigenen Einkünfte oder Bezüge des Kindes den Betrag von DM 12.000 pro Jahr nicht überschreiten; dieser Betrag vermindert sich gemäß § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des Kindes nicht vorliegen, um ein Zwölftel. § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG bestimmt, dass Einkünfte des Kindes, die auf Kalendermonate entfallen, in denen es nicht berücksichtigt wurde, für die Ermittlung der eigenen Einkünfte außer Betracht bleiben.
Der Sohn der Klägerin befand sich ab August 1997 in einer Ausbildung und war danach für das Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. a EStG zu berücksichtigen. Seine Einkünfte in der Zeit von August bis Dezember 1997 betrugen insgesamt DM 3.883,17 und lagen damit unter der maßgeblichen Grenze von DM 5.000,00 (5/12 von DM 12.000,00).
Zu Unrecht geht der Beklagte demgegenüber davon aus, dass der Sohn der Klägerin dem Grundsatz nach das ganze Jahr über für das Kindergeld zu berücksichtigen war, mit der Folge, dass die Einkünfte des Sohnes aus der Tätigkeit als Hilfspfleger zu den eigenen Einkünften i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG rechnen. Der Sohn der Klägerin war nicht bereits ab Januar 1997 als ein Kind, das eine Ausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann, anzusehen. Die Bewerbung auf verschiedene Ausbildungsplätze allein führt noch nicht zur Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. c EStG (ebenso FG Nürnberg, Urteil vom 7. Mai 1998 VI 10/98, EFG 1998, 1204 für den vergleichbaren Fall der Anmeldung an einer weiterführenden Schule). Dies ergibt sich aus dem Zweck der Norm, der darin besteht, Kinder, die trotz Bemühungen keinen Ausbildungsplatz finden und finanziell von ihren Eltern mindestens ebenso abhängig sind wie in einer Ausbildung befindliche Kinder, den letzteren gleichzustellen (vgl. FG Nürnberg a.a.O.). Nach ihrem Sinn paßt die Vorschrift daher nicht für Kinder, die sich in einem Beschäftigungsverhältnis befinden und sich aus dieser Situation heraus weiter bewerben. In diesem Fall ist die Tatsache, dass das Kind ...