Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Investitionszulage für kleine und mittlere Unternehmen. Unabhängigkeitskriterium
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Unternehmen, das für sich betrachtet weder mit der Zahl seiner Mitarbeiter noch mit seinen Umsatz- und Bilanzzahlen die für kleinere und mittlere Unternehmen (sog. KMU) geltenden Schwellenwerte überschreitet, hat dennoch keinen Anspruch auf erhöhte Investitionszulage für KMU, wenn die Schwellenwerte bei einheitlicher Betrachtung mit einem i. S. von Art. 3 der Kommissionsempfehlung verbundenen Unternehmen überschritten sind.
2. Die Beteiligungsverhältnisse bilden das Hauptkriterium für die Analyse eines koordinierten Vorgehens. Gleichwohl lässt sich die weitergehende Frage nach einer nicht nur informellen, sondern auch formellen Verbindung der Unternehmen durch natürliche Personen nur bei zusätzlicher Betrachtung sämtlicher anderer Geschäftsbeziehungen, insbesondere auf der Geschäftsführerebene, bei den Lieferanten- und Kundenkontakten und einer gemeinsam verwendeten Logistik beantworten.
3. Die Einflussnahme über einen „mit dem anderen Unternehmen abgeschlossenen Vertrag” kann nicht nur bei gesellschaftsrechtlich wirkenden Vereinbarungen, sondern auch bei rein schuldrechtlichen Vereinbarungen erfüllt sein. Das muss umso mehr bei dem im Streitfall zu beurteilenden Geschäftsbesorgungsvertrag gelten, der von der Auftragsvergabe über die fachliche Anleitung bei der Produktion und über die Preisbestimmung bis zum Vertrieb eine fortwährende Einflussnahme sicherstellt und damit die gesamte unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens umfasst.
Normenkette
InvZulG § 2 Abs. 7 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Jahr 1999 gegründet und stellt Platten, Folien, Schläuche und Profile aus Kunststoff her. Von Beginn an oblag die Geschäftsführung J. S. und H. G., jeweils mit Einzelvertretungsberechtigung, jedoch halten diese beiden nur Gesellschafts- und dementsprechend Stimmanteile von 12,4 % bzw. 24,8 %, während die restlichen Anteile der Ehefrau des J. S. gehören. Für sich betrachtet überschritt die Klägerin weder mit ihrer Mitarbeiterzahl, noch mit ihren Umsatz- und Bilanzzahlen die für kleinere und mittlere Unternehmen (sog. KMU) geltenden Schwellenwerte.
Allerdings wurde die Klägerin in ihrer Anfangsphase bei Mietkauf- und Darlehensverträgen durch Bürgschaften der P. GmbH unterstützt. Überdies einigte sie sich schon bei ihrer Gründung mit der P. GmbH auf einen für die Dauer der Finanzierungen, mindestens aber für 5, höchstens für 6 Jahre laufenden Geschäftsbesorgungsvertrag. Auf dessen Grundlage erhält die Klägerin bis heute sämtliche Aufträge von der P. GmbH und die P. GmbH übernimmt zu einem marktüblichen Preis ihr gesamtes Produktionsvolumen und vertreibt es. Infolgedessen tritt am Markt und insbesondere im Internet nur die P. GmbH in Erscheinung. Zugleich vereinbarten die beiden Gesellschaften, dass ein Vertreter der P. GmbH die Betriebsleitung der Klägerin laufend fachlich anleitet. Die P. GmbH verfügt über die gleichen Geschäftsführer wie die Klägerin, allerdings werden bei ihr sämtliche Gesellschafts- und Stimmanteile zu gleichen Teilen von J. S. und seiner Mutter gehalten. Die P. GmbH überschreitet ihrerseits sowohl mit der Mitarbeiterzahl, als auch mit ihrem Jahresumsatz die für KMU geltenden Schwellenwerte.
Aus diesem Grund gewährte der Beklagte der Klägerin nach einer Augescheinseinnahme nur die Grundzulage für das verarbeitende Gewerbe nach einer Bemessungsgrundlage von 42.777 EUR, versagte ihr aber die beantragte erhöhte Investitionszulage für KMU sowohl im Investitionszulagenbescheid 2006 vom 6. August 2007 als auch in der nach fristgerechten Einspruch ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. November 2007. Dagegen richtet sich die Klage vom 18. Dezember 2007, die nach zwischenzeitlichem Ruhen wegen des Beschlusses des Bundesfinanzhofes in der Sache III B 233/08 vom 29. Oktober 2009 wieder aufgenommen worden ist.
Die Klägerin meint, sie habe Anspruch auf eine erhöhte Zulage von 25 vom Hundert gemäß § 2 Abs. 7 Nr. 1 InvZulG, denn sie sei auch nach der dort in Bezug genommenen Kommissionsempfehlung ein „eigenständiges” Unternehmen im Sinne des Art 3 Abs. 1 des zugehörigen Anhangs, welches die für KMU vorausgesetzten Mitarbeiterzahlen und Schwellenwerte nicht überschreite, und nicht etwa – wie der Beklagte meint – ein mit der Quickpack „verbundenes” Unternehmen im Sinne des Art 3 Abs. 3, so dass die entsprechenden Werte der beiden Unternehmen zusammengerechnet werden könnten.
Indem nämlich Absatz 3 Unterabsatz 1 als „verbundene Unternehmen” – abschließend – diejenigen definiere, die „in einer der folgenden Beziehungen stehen” und in den anschließenden Buchstaben a) bis d) – angelehnt an § 290 HGB – nur mit einem Konzernunternehmen vergleichbare Beziehungen beschreibe, werde deutlich, da...