rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernstliche Zweifel an unentgeltlicher Wertabgabe bei unberechneter Handy-Abgabe durch Vermittler von Mobilfunkkunden, da Entgelt von dritter Seite in Form höherer Provisionen bzw. sonstigen Zahlungen
Leitsatz (redaktionell)
Gibt ein Vermittler von Mobilfunkverträgen an Kunden, die einen neuen Mobilfunkvertrag abschließen oder einen bestehenden Vertrag verlängern, im eigenen Namen Mobilfunkgeräte und andere Elektronikartikel unberechnet ab, so ist es ernstlich zweifelhaft, ob die Abgabe der Geräte eine unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1b UStG darstellt, wenn sie von den Mobilfunkanbietern, die an den Vermittler Provisionen bzw. Boni zahlen, vorgegeben oder aber marktüblich ist. Denn dann dürfte in einem Teil der Provisionen und sonstigen Zahlungen ein Entgelt von dritter Seite zu sehen sein.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3, S. 2, § 10 Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2007 vom … wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entschei-dung über die Einsprüche ohne Sicherheitsleistung wie folgt ausgesetzt: Umsatzsteuerbescheid … i.H.v. … EUR, Umsatzsteu-erbescheid für … i.H.v. …EUR und Umsatzsteuerbescheid … i.H.v. … EUR. Im Übrigen wird der Antrag als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu jeweils 50 % auferlegt.
3. Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist eine GmbH mit Sitz in …, deren Unternehmensgegenstand der Handel mit Telekommunikationsartikeln sowie die Erbringung von Telekommunikationsleistungen sind (HR-Auszug, Dok Bl. 1 ff.). Am Stammkapital sind … mit … EUR und … mit … EUR beteiligt. Beide waren in den Streitjahren auch Geschäftsführer. Die Antragstellerin vermittelte u.a. Mobilfunkverträge zwischen Kunden und Netzbetreibern sowie Serviceprovidern – kurz gesagt Mobilfunkanbietern –, wofür sie von letzteren Provisionszahlungen, Boni und sonstige Vergütungen (teilweise in Abhängigkeit vom Telefonumsatz des Kunden, vgl. …) erhielt. Die Antragstellerin kaufte zudem Mobilfunkgeräte und andere Elektrogeräte – unter Inanspruchnahme der entsprechenden Vorsteuerabzüge gem. § 15 UStG – ein, welche sie „unberechnet” im eigenen Namen an Kunden weitergab, wenn diese einen oder mehrere Mobilfunkverträge abschlossen oder verlängerten. Die Gewährleistung für diese Geräte übernahm die Antragstellerin. Bei Abgabe eines oder mehrerer Elektrogeräte erhielt die Antragstellerin von den Mobilfunkanbietern entsprechend erhöhte Provisionen. Wie viele Elektronikartikel konkret abgegeben wurden und inwieweit hierfür seitens der Mobilfunkanbieter zusätzliche Zahlungen an die Antragstellerin erfolgten, steht im Einzelnen nicht fest.
Der Absatz der Elektrogeräte erfolgte zum einen über das Ladenlokal in …, in dem die Antragstellerin die Geräte jeweils zu einem Kaufpreis von 1 Euro bewarb, wenn zugleich ein Mobilfunkvertrag abgeschlossen wurde, zum anderen über die Internetplattform … (Online-Shop), wo Waren nur mit einem Mindestverkaufspreis von 1 Euro eingestellt werden können. Die Antragstellerin zog die Beträge von 1 Euro jedoch nicht ein, sondern stellte in der Regel Null-Rechnungen an die Kunden aus (Bl. 65, 66).
Für Mobilfunkgeräte erhielt die Antragstellerin zusätzlich sog. Hardware-Kostenzuschüsse (WKZ) von den Mobilfunkanbietern (Bl. 173 ff.), wobei weder die Höhe noch die Zuordnung der Zuschüsse zu konkreten Kundenbeziehungen im Einzelnen feststehen.
Im Rahmen einer für die Streitjahre durchgeführten Betriebsprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die unberechnete Weitergabe der – mit Vorsteuerabzug – angeschafften Elektronikartikel unentgeltliche Wertabgaben gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG seien. Die Bemessungsgrundlage ermittelte die Prüferin wie folgt (BP-Bericht Tz. 3.1. BP Bl. 5 f., Bl. 44 ff.): für die Mobilfunkgeräte orientierte sie sich an den „Nullbuchungen” – den internen Buchungen für die Nullrechnungen – in den Jahren … und schätzte die Anzahl für … in Anlehnung an die Folgejahre. Als durchschnittlichen Einkaufspreis legte sie einen Betrag von 100 EUR pro Mobilfunkgerät zu Grunde. Die Bemessungsgrundlage für die sonstigen Elektronikartikel ermittelte die Prüferin aus dem entsprechenden Wareneinkaufskonto. Insgesamt legte sie im Ergebnis folgende Zahlen zugrunde:
Bei der Bemessungsgrundlage für 2005 ging sie – offenbar versehentlich – von 705.140 EUR statt von 700.540 EUR aus (vgl. Abweichung BP Bl. 6, 44).
Darüber hinaus führte die Betriebsprüfung zu einer weiteren Anpassung der Umsatzsteuer wegen Sachprämien und Sachbezugs PKW und zwar auf Grundlage folgender Bemessungsgrundlagen ….
Der bereits während der Betriebsprüfung von der Antragstellerin auch unter Vorlage eines steuerlichen Gutachtens … vertretenen Auffassung, die von den Mobilfunkanbietern an die Antragstellerin gezahlten Provisionen seien als Entgelt von dritter Seite zu beurteilen, folgte die Pr...