Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen aus Luxemburg für Mutterschaftsurlaub und Elternzeit unterliegen dem Progressionsvorbehalt
Leitsatz (redaktionell)
Zahlungen, die eine unbeschränkt steuerpflichtige, in Luxemburg tätige Arbeitnehmerin von der CNS d'Gesondheetskeess (CNS) während des Mutterschaftsurlaubs und von der Caisse nationale des prestation familiales (CNPF) während der Elternzeit bezieht, unterliegen dem Progressionsvorbehalt.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3; DBA LUX Art. 10 Abs. 1 S. 2, Art. 11 Abs. 1 S. 1, Art. 20 Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Behandlung von Zahlungen aus Luxemburg für Mutterschaftsurlaub und Elternzeit streitig.
Die Kläger sind beide Bankangestellte und wurden im Streitjahr 2010 von dem Beklagten als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger arbeitete in der Bundesrepublik, die Klägerin in Luxemburg. Neben ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. … EUR brutto bezog die Klägerin im Streitjahr ebenfalls aus Luxemburg von der CNS d'Gesondheetskeess (CNS) für Mutterschaftsurlaub insgesamt … EUR brutto und von der Caisse nationale des prestation familiales (CNPF) Elterngeld i. H. v. … EUR – vor Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen (Bl. 23 ff. und 28 f. ESt-A).
In der Einkommensteuererklärung für 2010 erklärten die Kläger die Lohneinkünfte der Ehefrau zur Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt und teilten ausdrücklich mit, dass Entgeltersatzleistungen und Elterngeld nicht berücksichtigt worden seien (Bl. 12 ESt-A). Der Beklagte bezog im Einkommensteuerbescheid vom 16. März 2012 auch die Zahlungen der CNS und der CNPF in die Berechnung des Steuersatzes für den Progressionsvorbehalt ein. Dagegen legten die Kläger am 3. April 2012 Einspruch ein, den der Beklagte am 4. September 2012 als unbegründet zurückwies (Bl. 17 Rbh-A).
Gegen die Einspruchsentscheidung haben die Kläger am 5. Oktober 2012 Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, die in den Progressionsvorbehalt einbezogenen Zahlungen der CNS und der CNPF unterlägen nicht dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG. Bei diesen Zahlungen handele es sich nicht um Einkünfte im Sinne von § 2 EStG. Nach dem Urteil des BFH vom 29. April 2009 X R 31/08 (BFH/NV 2009, 1625) komme eine Anwendung des § 32b EStG in Bezug auf ausländische Entgeltersatzleistungen nicht in Betracht (Bl. 2, 20 f.).
Die Kläger beantragen sinngemäß (Bl. 1 f.),
den Bescheid über Einkommensteuer für 2010 vom 16. März 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. September 2012 dahingehend zu ändern, dass die Zahlungen der CNS und der CNPF nicht in die Berechnung des Progressionsvorbehalts einbezogen werden.
Der Beklagte beantragt (Bl. 17),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Einbeziehung der streitigen Zahlungen in den Progressionsvorbehalt sei nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG gerechtfertigt. Die Steuerfreiheit der Leistungen ergebe sich aus Art. 10 bzw. Art. 11 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 23. November 1959 (DBA-Luxemburg). Aus dem Urteil des BFH (vom 29. April 2009 X R 31/08, BFH/NV 2009, 1625) folge nichts anderes, da die Entscheidung Leistungen einer ausländischen Krankenversicherung betroffen habe (Bl. 18).
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (Bl. 29, 30).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2010 ist rechtmäßig.
1. Der Beklagte hat die streitigen Zahlungen zu Recht nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG, Art. 20 Abs. 2 Satz 2 DBA Luxemburg in den Progressionsvorbehalt einbezogen hat.
1.1. Nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 DBA-Luxemburg darf der andere Staat Einkünfte nicht besteuern, wenn der Wohnsitzstaat nach den vorhergehenden Artikeln des DBA-Luxemburg das Besteuerungsrecht hat. Ist die Bundesrepublik Deutschland – wie im Fall der Kläger – der Wohnsitzstaat, so nimmt sie nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 DBA-Luxemburg die Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage aus, für die Luxemburg das Besteuerungsrecht hat. Allerdings wird die Steuer für die Einkünfte, für die eine inländische Steuerpflicht besteht, nach dem Satz erhoben, der dem Gesamteinkommen der steuerpflichtigen Person entspricht. Solche Einkünfte unterliegen damit dem Progressionsvorbehalt (vgl. auch § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
Bezieht eine natürliche Person mit Wohnsitz in Deutschland – wie hier die Klägerin – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, so hat insoweit der Tätigkeitsstaat – hier: Luxemburg – das Besteuerung...