Entscheidungsstichwort (Thema)
Besondere Tätigkeit i.S.d. § 24 BRAGO bei gleichgelagerten Revisionsverfahren; Zuständigkeit des Berichterstatters bei Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss; Kostenerinnerung; Zuständigkeit des Berichterstatters; Erledigungsgebühr; Gleichgelagertes Revisionsverfahren; Musterentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Entscheidung über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist der Berichterstatter zuständig, wenn das vorangegangene Erkenntnisverfahren nicht über das Stadium des vorbereitenden Verfahrens hinausgelangt ist.
- Wird ein vor dem Finanzgericht anhängiger Rechtsstreit im Hinblick auf mehrere gleichgelagerte Revisionsverfahren zunächst nicht weiter betrieben und erledigt sich dieser Rechtsstreit sodann nach Ergehen der grundlegenden Entscheidung des BFH, so liegt auch dann keine den Ansatz der Erledigungsgebühr rechtfertigende besondere Tätigkeit vor, wenn die Bevollmächtigten des Klägers eines der anhängigen Revisionsverfahren selbst geführt und den Ausgang des entschiedenen Musterverfahrens möglicherweise durch die Veröffentlichung eines Aufsatzes beeinflusst haben.
Normenkette
FGO § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4; ZPO § 349 Abs. 2; BRAGO § 24
Tatbestand
I.
Der Erinnerungsführer war Kläger des Verfahrens 14 K 3101/98 Kg, in dem die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Tochter des Klägers für die Zeit ab dem 01.01. 1997 streitig gewesen ist. Nachdem der Erinnerungsgegner mitgeteilt hatte, es sei im Hinblick auf die Anhängigkeit ähnlich gelagerter Verfahren beim Bundesfinanzhof - BFH - nicht unzweckmäßig, das Verfahren ruhen zu lassen, wurde das Verfahren nicht weiter gefördert. Im Anschluss an die Entscheidungen des BFH zur Frage der Gewährung von Kindergeld für volljährige behinderte Kinder bei vollstationärer Unterbringung und nach Darlegung derjenigen finanziellen Mittel, welche der Tochter des Klägers zur Bestreitung des gesamten notwendigen Lebensbedarfs zur Verfügung standen, entsprach der Erinnerungsgegner dem Begehren des Erinnerungsführers mit Abhilfebescheid vom 27.11. 2000. Mit Schriftsätzen vom 27.11.2000 und 22.12. 2000 erklärten der Erinnerungsgegner und der Erinnerungsführer daraufhin die Hauptsache für erledigt. Im Kostenbeschluss vom 27.12. 2000 wurden die Kosten des Verfahrens dem Erinnerungsgegner auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.01.2001 versagte der Kostenbeamte der Geschäftsstelle die Festsetzung der von den Bevollmächtigten des Erinnerungsführers beanspruchten Erledigungsgebühr von 320,00 DM zzgl. anteiliger Umsatzsteuer.
Dagegen legten die Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsführers mit Schriftsatz vom 26.01.2001 Erinnerung ein.
Sie sind der Auffassung, dass die Erledigungsgebühr des § 24 Bundesgebührenordnung -BRAGO- im Klageverfahren angefallen sei. Der “Erfolg” liege darin, dass sich das gerichtliche Verfahren erledige, ohne dass eine gerichtliche Entscheidung erforderlich sei. Dieser Erfolg könne auch dadurch eintreten, dass sich das konkrete Verfahren auf Grund eines Musterprozesses erledige. Dabei sei noch nicht einmal Voraussetzung, dass der Ausgang des Musterprozesses zur Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte geführt habe; es reiche vielmehr aus, dass das Verfahren seine tatsächliche Erledigung gefunden habe. Erst Recht müsse dies vorliegend gelten, wo der angefochtene Verwaltungsakt aufgrund der im klägerischen Sinne ergangenen Musterentscheidungen des BFH vom 15. Oktober 1999 und einer zu deren Umsetzung ergangenen Dienstanweisung nebst Berechnungsschema des Bundesamtes für Finanzen aufgehoben worden sei. Als Mitwirkung des Rechtsanwaltes im konkreten Verfahren reiche es dabei bereits aus, wenn sich der Rechtsanwalt mit einer Aussetzung und Zurückstellung der Entscheidung bis zur Entscheidung im Parallel- oder Musterprozess einverstanden erklärt habe.
Der Ansatz einer Erledigungsgebühr sei vorliegend aber auch dann gerechtfertigt, wenn man mit der Gegenauffassung eine “über die allgemeine Prozessführung hinaus gehende” Tätigkeit des Bevollmächtigten verlange. Diese Rechtsprechung habe erkennbar den (statistischen Regel-) Fall vor Augen, dass die außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits dem Prozessbevollmächtigten ohne eigenes Zutun quasi in den Schoß falle, sei es aufgrund einer Gesetzesänderung oder einer von einem anderen Rechtsanwalt erstrittenen Grundsatzentscheidung. Für diese Fälle möge diese Rechtsprechung auch - jedenfalls im Ergebnis - sachgerecht sein. Ein solcher Fall liege hier aber gerade nicht vor, da die Kanzlei der Prozessbevollmächtigen einen maßgeblichen Anteil daran gehabt habe, dass sich die von ihnen von Beginn an vertretene Auffassung letztendlich auch beim BFH und infolge dessen bei den Familienkassen durchgesetzt habe. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, dass auch durch die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten in einer parallel gelagerten Angelegenheit ein Revisionsverfahren vor dem BFH eingereicht worden sei. Dass dieses Revisionsverfahr...