Entscheidungsstichwort (Thema)
Meldung bei der Arbeitsagentur ist Voraussetzung für Kindergeldanspruch gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ESt
Leitsatz (redaktionell)
- Die Anordnung der Einstellung der Arbeitsvermittlung (Vermittlungssperre) nach § 38 Abs. 3 Satz. 2 SGB III, aufgrund der ab dem Folgemonat der Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entfällt, tritt nur mit wirksamer Bekanntgabe an das arbeitsuchende Kind in Kraft.
- Im Bestreitensfall hat die Familienkasse den Zugang dieses Verwaltungsaktes nachzuweisen.
- Nach der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des § 38 SGB III kann für einen Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG keine erneute Meldung als Arbeitsuchender nach Ablauf von drei Monaten mehr verlangt werden.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 2 S. 1; SGB III § 38 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2; SGB X § 31 S. 1, § 37 Abs. 2 S. 1, § 39 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger in den Monaten Februar 2010 bis Oktober 2010 (Streitzeitraum) ein Kindergeldanspruch nach §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - für seinen am 03.04.1990 geborenen Sohn „A” zustand.
„A” war seit dem 27.04.2009 bei der Arbeitsagentur Arbeit suchend gemeldet. Arbeitslosengeld bezog er nicht. Mit Bescheid vom 12.05.2009 setzte die Beklagte Kindergeld ab Dezember 2008 fest und zahlte fortlaufend Kindergeld aus.
„A” belegte gegenüber der Arbeitsagentur zuletzt am 18.08.2009 Eigenbemühungen bezüglich seiner Arbeitssuche. Am 02.12.2009 nahm er einen Termin bei der Arbeitsagentur ohne Angabe von Gründen nicht wahr. Daraufhin versandte die Arbeitsagentur eine Mitteilung, dass sie beabsichtigte die Arbeitsvermittlung einzustellen. Nachdem keine Rückmeldung des Kindes eingegangen war, fertigte die Arbeitsagentur unter dem 05.01.2010 ein Schreiben, in dem sie mitteilte, dass sie die Arbeitsvermittlung nach § 38 Abs. 3 Satz 2 des Dritten Sozialgesetzbuches - SGB III - einstelle. Mit Wirkung zum 11.01.2010 wurde „A” aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet.
Am 04.11.2010 reichte der Kläger bei der Beklagten einen Arbeitsvertrag seines Sohnes bei der „B” GmbH ein, in dem ein Arbeitsverhältnis ab dem 22.10.2010 vereinbart wurde.
Mit Bescheid vom 09.11.2010 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld ab Februar 2010 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf und forderte den Kläger gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - zur Rückzahlung des ausgezahlten Kindergeldes für die Zeit von Februar 2010 bis Oktober 2010 i.H.v. 1.656,- Euro auf. Zur Begründung führte sie aus, dass die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld bei volljährigen Kindern nicht vorgelegen hätten. Nach den Daten der für die Arbeitsvermittlung zuständigen Stelle werde das Kind dort nicht bzw. nicht mehr als arbeitsuchendes Kind geführt. Es sei der Meldepflicht bei der Arbeitsvermittlung nicht nachgekommen.
Am 30.11.2010 legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass „A” zum 11.02.2010 aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet worden sei. Daraufhin führte der Kläger aus, dass er über die Abmeldung verwundert und dass diese durch „A” nicht veranlasst worden sei. Vom 01.01.2010 bis zum 25.10.2010 habe „A” bei der Firma „C” als Aushilfe im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung in der Hoffnung auf eine Vollzeitanstellung gearbeitet. Während dieser Zeit habe er sich beim Schlachthof „D” bei der Start Zeitarbeit, Firma Arbeit auf Zeit (Industriereiniger), Tischlerei „E”, Dekra Zeitarbeit, Part Zeitarbeit und anderen Firmen beworben und etwa zwei bis drei Mal die Woche persönlich nachgefragt, ob eine Stelle frei geworden wäre. Weiterhin habe er sich bei den Firmen Real, Roller, Toys"R"Us, Biber, Getränke „F”, Feinblech, Kötter Security, Edeka, Mac Geiz, Rewe, Aldi und verschiedenen Einzelhandelsfirmen beworben und sich persönlich mehrmals bei diesen Firmen vorgestellt. Tatsächlich sei er bis zum 26.10.2010 Arbeit suchend gewesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 02.03.2011 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, weil die besonderen Anspruchsvoraussetzungen zur Berücksichtigung volljähriger Kinder nicht vorgelegen hätten. Sie führte zur Begründung aus, dass eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht möglich sei, weil „A” im Streitzeitraum nicht bei einer Agentur für Arbeit bzw. einem anderen für Arbeitslosengeld II zuständigen Leistungsträger (Arbeitsgemeinschaft oder Kommune) arbeitslos/arbeitsuchend gemeldet gewesen sei. Ein Nachweis über eine entsprechende Meldung sei nicht vorgelegt worden. Die Arbeitssuche auf eigene Initiative ohne Beteiligung der vorgenannten Stellen reiche nicht aus.
Mit seiner am 04.04.2011 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass „A” im Streitzeitraum nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG beim Kindergeld zu berücksichtigen sei. Ab dem 02.01.2010 habe „A” eine Aushilfstätigkeit im Rahmen e...