Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsübertragung an niederländische „Stichting Administratiekantoor“. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 14/23)
Leitsatz (redaktionell)
Übertragung der Gesellschaftsanteile an einer inländischen Grundbesitz haltenden niederländischen B.V. an eine niederländische Stichting Administratiekantoor gegen die Gewährung von sog. Zertifikaten, kraft deren die wirtschaftliche Anspruchsberechtigung aus diesen Anteilen weiterhin den bisherigen Gesellschaftern zugutekommt, ist nicht von der Grunderwerbsteuer befreit, da eine derartige treuhänderische Gestaltung weder eine Schenkung darstellt noch eine niederländische Stichting als eine einer deutschen Stiftung vergleichbare Rechtsperson ohne mitgliedschaftliche Organisation einer Gesamthandsgemeinschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 GrEStG oder einer abhängigen Kapital- oder Personengesellschaften i.S.d. § 6a S. 3 GrEStG gleichgestellt werden kann.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nrn. 3-4, § 3 Nr. 2 S. 1, § 5 Abs. 1, § 6a; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch die Klägerin von der Grunderwerbsteuer befreit war.
Die Klägerin ist eine durch Vertrag vom 00 .01.2017 gegründete Stiftung nach niederländischem Recht in Form der sog. Stichting Administratiekantoor.
Die Gründung einer solchen Stiftung erfolgt vor einem in den Niederlanden niedergelassenen Notar durch notarielle Urkunde (Art. 2:286 Abs. 1 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches, „Burgerlijk Wetboek“ - BW). Eine Stiftung muss für einen bestimmten Zweck gegründet werden. In Bezug auf diesen Zweck ist einschränkend vorgeschrieben, dass der Zweck der Stiftung nicht zum Ziel haben darf, dass an den oder die Gründer oder an Mitglieder von Stiftungsorganen Ausschüttungen stattfinden (Art. 2:285 Abs. 3 BW). In den Niederlanden sind Stiftungen in das Handelsregister einzutragen (Art. 2:289 Abs. 1 BW) sowie die Gründungsdokumente zu hinterlegen. Ein getrenntes Stiftungsregister oder eine präventiv tätige Stiftungsaufsicht kennt das niederländische Recht nicht. Die niederländische Stiftung hat typischerweise nur ein Organ, nämlich den Vorstand (Art. 2:291 Abs. 1 BW). Dieser Vorstand vertritt die Stiftung im Außenverhältnis (Art. 2:292 Abs. 1 BW). Es besteht jedoch die Möglichkeit, zusätzlich auch ein Organ wie einen Aufsichtsrat einzurichten. Nach niederländischem Recht kann eine Stiftung keine Mitglieder haben (Art. 2:285 Abs. 1 BW). Zudem haben niederländische Stiftungen eine Buchhaltung zu führen.
Da das niederländische Recht bei der konkreten Ausgestaltung des Stiftungszweckes einen weiten Gestaltungsspielraum einräumt, wird die Stiftung häufig auch im unternehmerischen Bereich eingesetzt. Eine besondere Ausgestaltung stellt die „Stichting Administratiekantoor“ dar. Sie bietet die Möglichkeit, Anteile an Gesellschaften von der Stiftung für den ehemaligen Gesellschafter verwalten zu lassen. Dabei wird regelmäßig das Stimmrecht von der wirtschaftlichen Anspruchsberechtigung an dem jeweiligen Anteil getrennt. Dieses Vorgehen nennt sich „Zertifizierung“. Auf diese Weise kann die Stimmrechtsausübung hinsichtlich der verwalteten Anteile auf Ebene der Stiftung gebündelt werden, während die wirtschaftlichen Vorteile weiterhin den bisherigen Gesellschaftern zugutekommen.
Gegenstand der Klägerin ist der Erwerb von Gesellschaftsanteilen gegen die Gewährung von sog. Zertifikaten (siehe Art 3 Nr. 1 a) der Satzung der Klägerin im beigezogenen Verwaltungsvorgang). Ferner ist das Halten der Gesellschaftsanteile und die Ausübung aller damit verbundenen Rechte, wie der Erhalt von Ausschüttungen und die Ausübung von Stimmrechten sowie das Vorgehen als Verwalterin Gegenstand der Klägerin (vgl. Art. 3 Nr. 1 b) - d) der Satzung). Die gewährten Zertifikate verkörpern das Forderungsrecht aus den von der Klägerin gehaltenen Gesellschaftsanteilen zugunsten von Zertifikatsinhabern (vgl. Art. 1 d), e) der Satzung). Die Ausgabe von Anteilen an den von der Klägerin gehaltenen Gesellschaften steht ebenso wie Gewährung von Rechten zum Erwerb dieser Anteile unter dem Vorbehalt einer vorherigen Genehmigung durch die Zertifikatsinhaber mit einer Mehrheit von 4/5 der abgegebenen Stimmen (vgl. im Einzelnen Art. 8 der Satzung). Sofern der Vorstand keine Rechte der Zertifikatsinhaber beeinträchtigt, ist er zur Änderung der Satzung befugt; anderenfalls benötigt er eine Genehmigung der Zertifikatsinhaber.
Die Klägerin erhielt am Tag ihrer Gründung die Anteile an der A B.V. und der B B.V. von den Gesellschaften C B.V. und D B.V. gegen Gewährung solcher Zertifikate zugunsten der Gesellschafter von D B.V. und C B.V., den Brüdern E und F . Diese bilden auch den Vorstand der Klägerin. Die Klägerin war nach den Übertragungsverträgen im Gegenzug für die Übertragung der Gesellschaftsanteile zur Ausgabe von Zertifikaten verpflichtet und hatte die Gesellschaftsanteile zugunsten der Zertifikatsinhaber zu verwalten.
Die B B.V....