Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung von Ausstellungsflächen als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – Gestattung der Werbung von Unternehmen für sich selbst – Gewinnpauschalierung gemäß § 64 Abs. 6 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Verschafft ein als gemeinnützig anerkannter Selbsthilfeverein im Rahmen der Veranstaltung wissenschaftlicher Kongresse Medikamentenherstellern gegen Zahlung von Standgebühren die Möglichkeit, über die Produktpalette des jeweiligen Herstellers zu informieren, liegt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und kein Zweckbetrieb vor, wenn die hieraus erzielten Einnahmen die Aufwendungen für die Standflächen übersteigen.
- Die Einnahmen aus diesem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind mit 15 % zu pauschalieren, da auch die entgeltliche Gestattung der Werbung von Unternehmen für sich selbst durch eine gemeinnützige Organisation als Werbung für Unternehmen im Sinne des § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO zu qualifizieren ist.
- § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO enthält keine Einschränkung dahingehend, dass es sich um eine aktive Werbung durch die gemeinnützige Körperschaft für Unternehmen handeln muss.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO §§ 14, 64 Abs. 6 Nr. 1, § 65
Streitjahr(e)
2013, 2014
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Vermietung von Ausstellungsflächen durch die Klägerin anlässlich von Veranstaltungen in den Jahren 2013 und 2014 zu steuerpflichtigen Einnahmen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs geführt hat.
Die Klägerin ist eine als gemeinnützig anerkannte Selbsthilfeorganisation von und für an der ...-Krankheit…Erkrankte. ...
...
In ihrer Erklärung zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, für das Kalenderjahr 2013 erklärte die Klägerin Einnahmen aus Zweckbetrieben i.H.v. €. Daneben erklärte die Klägerin einen Gewinn aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb i.H.v. €. Die Einnahmen des Zweckbetriebs erläuterte sie wie folgt:
Standmieten Pharmaunternehmen: € zzgl. USt
Einnahmen Sponsoring: € zzgl. USt
Die Einnahmen aus Standmieten erläuterten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 2.12.201 wie folgt:
Der Verein veranstalte Kongresse zum Thema Krankheit. In diesem Zusammenhang werden Kongress-Säle angemietet. Im Foyer erhalten Pharma-Unternehmen die Gelegenheit gegen eine Standmiete Informationsstände zum Thema…aufzustellen.
...
Sie vertraten die Ansicht, dass die Durchführung eines wissenschaftlichen Kongresses ein Zweckbetrieb sei.
Mit Bescheid für 2013 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 26.01.2015 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer der Klägerin unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i.H.v. € auf € fest. In der Anlage 1 zum Bescheid heißt es, dass die Steuerpflicht sich ausschließlich auf den von der Körperschaft unterhaltenen (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erstrecke. Im Übrigen sei die Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit, weil sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) diene.
In ihrer Erklärung zur Körperschaft- und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen für das Jahr 2014, erklärte die Klägerin Einnahmen aus Zweckbetrieben i.H.v. . €. Daneben erklärte die Klägerin einen Verlust aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb i.H.v. . €, dabei wurden . € Körperschaftsteuer als Betriebsausgabe berücksichtigt.
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Durch Bescheid für 2014 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 19.11.2015 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer der Klägerin unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i.H.v. € auf € fest.
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Außerdem erließ der Beklagte entsprechende Gewerbesteuermessbescheide für 2013 und 2014.
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Die Klägerin legte gegen die Bescheide für 2013 am 25.02.2015 Einsprüche ein. Gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2014 legte die Klägerin am 27.11.2016 und gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2014 am 10.12.2015 Einsprüche ein.
Zur Begründung der Einsprüche berief sich die Klägerin mit Schreiben vom 23.6.2015
darauf, dass sie ...regelmäßig „...X-Versammlungen zur Information der Mitglieder und der ...-Erkrankten insgesamt über aktuelle Entwicklungen bei den Heilmethoden, der Medikamentierung, der Früherkennung, alternativer Behandlungsmethoden etc.” durchführe. Die Durchführung dieser Kongresse erfolge in Erfüllung des Satzungszwecks. Die Informationen durch die Klägerin seien u.a. auch deswegen von besonderer Bedeutung, da die Medikamentenhersteller nach dem Heilmittel-Werbegesetz grundsätzlich keine Werbung machen dürften und nur unter Beachtung von strengen Auflagen Informationen öffentlich machen könnten. Insbesondere für verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfe außerhalb von Fachkreisen nicht geworben werden. Vornehmliche A...