Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit von Stipendienzahlungen als wiederkehrende Bezüge
Leitsatz (redaktionell)
- Monatliche Zahlungen aus einem über einen Zeitraum von zwei Jahren gewährten Forschungsstipendium sind als sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b EStG steuerbar.
- Die Steuerbarkeit von wiederkehrenden Bezügen i. S. d. § 22 Nr. 1 EStG setzt nicht voraus, dass die Bezüge für eine Leistung des Zahlungsempfängers gewährt werden.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 Sätze 1, 3 Buchst. b
Streitjahr(e)
2013, 2014, 2015, 2016, 2017
Tatbestand
Streitig ist die Steuerbarkeit eines Stipendiums, das die Klägerin von einer Nicht-EU- Förderorganisation erhalten hat.
Die Klägerin ist promovierte…und stammt aus Z. Sie ist mit dem Kläger seit dem Jahr 2012 verheiratet. Für den Zeitraum vom 01.02.2013 bis zum 31.01.2015 erhielt sie vom Z Rat für wissenschaftliche und technologische Entwicklung (C), einer Partnerorganisation des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, ein monatliches Stipendium i.H. von 2.100 Euro. Das Stipendium war Teil des z Regierungsstipendienprogramms „...” und wurde der Klägerin als Postdoktorandin im Ausland gewährt. Sie war in dem genannten Zeitraum am D-Institut für .... in X-Stadt tätig. Die Klägerin stand weder zur z Regierung noch zum D-Institut in einem Dienstverhältnis.
In ihren gemeinsam mit dem Kläger eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2015 (Streitjahre) machte die Klägerin keine Angaben zu dem erhaltenen Stipendium. In der Anlage N für die Streitjahre 2013 und 2014 erklärte sie jedoch Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auf Grund einer doppelten Haushaltsführung im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit beim D-Institut in X-Stadt.
Die Kläger wurden für das Streitjahr 2013 zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Nachdem der Beklagte (das Finanzamt - FA -) Kenntnis von der Zahlung des Stipendiums erhalten hatte, änderte er am 09.12.2015 den Einkommensteuerbescheid für 2013 und setzte sonstige Einkünfte i.H. von 11.282 Euro an, die sich aus Zahlungen aus dem Stipendium i.H. von 23.100 Euro und Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in X-Stadt i.H. von 11.818 Euro zusammensetzten. Negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für 2013 berücksichtigte das FA nicht mehr. Ebenfalls am 09.12.2015 erließ das FA einen Einkommensteuerbescheid für 2014, in dem es sonstige Einkünfte i.H. von 16.584 Euro erfasste. Am 07.09.2016 setzte das FA die Einkommensteuer für 2015 fest und berücksichtigte auch hier sonstige Einkünfte im Zusammenhang mit dem Stipendium.
Die gegen die drei Einkommensteuerbescheide eingelegten Einsprüche der Kläger wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 08.02.2017 in dem hier streitigen Punkt als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage führen die Kläger aus, die Klägerin habe am D-Institut in X-Stadt eine Forschungstätigkeit ausgeübt; die Räumlichkeiten seien ihr dort unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Das FA gehe zu Unrecht von steuerbaren Einkünften im Zusammenhang mit dem Stipendium aus. Der objektive Tatbestand der sonstigen Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) knüpfe an bestimmte Leistungen an. An einer konkreten Gegenleistung fehle es jedoch, da die Klägerin der z Regierung keine Gegenleistung für die Gewährung der Zuwendung schulde. Die Ausbildungsförderung sei weder im Rahmen einer Einkunftsart gewährt worden noch liege eine Einkunftserzielungsabsicht vor. Die Forschungstätigkeit sei nicht durchgeführt worden, um Einnahmen in Form der Ausbildungsförderung zu erzielen, vielmehr habe die Ausbildungsförderung die unentgeltliche Forschungstätigkeit erst ermöglicht. Es handele sich nicht um einen Leistungsaustausch, sondern um eine zweckkonforme Verwendung der gewährten Mittel. Nach der Kommentarliteratur würden Studien- und Ausbildungsbeihilfen nicht von den wiederkehrenden Bezügen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG erfasst.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2013 bis 2015 vom 09.12.2015 und 07.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.02.2017 die Einkommensteuer für 2013 bis 2015 in der Weise festzusetzen, dass keine sonstigen Einkünfte i.H. von 11.282 Euro (für 2013), 16.584 Euro (für 2014) und 1.998 Euro (für 2015) erfasst werden.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor, das Stipendium der z Regierung stelle wiederkehrende Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG dar. Es bestehe aus monatlichen Einnahmen in Geld und sei auf Grund eines einheitlichen Entschlusses der Geberin, nämlich durch die verpflichtende Zusage, monatlich 2.100 Euro zu zahlen, vergeben worden. Das von der Klägerin angeführte Tatbestandsmerkmal der Gegenleistung bei wiederkehrenden Bezügen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG sei weder dem Gesetz selbst noch der Rechtsprechung zu entnehmen. Der Rechtsauffassung von Weber-Grellet (in Schmidt, EStG, 37. Auflage, § 22 Rz. 11, 50, 99...