Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlichtungskosten wegen Bergbauschaden als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
Bei der freiwilligen Anrufung der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW handelt es sich um eine „Vorstufe” zum Zivilprozess und damit eine Maßnahme zur Beschreitung des Rechtswegs im weiteren Sinne, deren Kosten dem Steuerpflichtigen in gleicher Weise wie die eines Zivilprozesses (vgl. dazu BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher – nach der bis zum 31.12.2012 geltenden Rechtslage - als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1; EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013 § 33 Abs. 2 Satz 4; EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013§ 52 Abs. 1
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Kosten für ein Schlichtungsverfahren als außergewöhnliche Belastung.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielt der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Solaranlage).
Der Kläger ist seit 8. Dezember 2010 Eigentümer des Objekts A-Weg in A-Stadt, das sich in einem ehemaligen Bergbaugebiet befindet. Er hat das Zweifamilienhaus aufgrund des notariellen Übergabevertrags vom 4. März 2010 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seinen Eltern, den Eheleuten E, übernommen. Besitz, Nutzungen und Lasten sind am 1. April 2010 auf den Kläger übergegangen. Nachdem der Vater des Klägers zwischenzeitlich verstorben und von der Mutter des Klägers beerbt worden war, änderten der Kläger und seine Mutter den Vertrag mit notarieller Urkunde vom 28. Oktober 2010 im Hinblick auf nicht streitrelevante Regelungen ab. Zugleich wurde der Vertrag vom 4. März 2010 genehmigt.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 machten die Kläger Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Bergbauschaden an dem vorgenannten Objekt i.H.v. 5.388 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Hierbei handelte es sich um Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung in einem Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW i.H.v. 3.111,85€, die den Eltern des Klägers in Rechnung gestellt worden waren, sowie um gegenüber dem Kläger selbst abgerechnete Gutachterkosten im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren i.H.v. 2.275,28 €. Im Einzelnen wurden folgende Aufwendungen geltend gemacht:
Zahlungsempfänger (Rechnungsdatum) Abgerechnete Tätigkeit Betrag
RA R (24.04.2010) Vorschussrechnung für die Vertretung im Schlichtungsverfahren 3.111,85 €
Dipl.-Ing. D (27.10.2010) Bergschadenkundliche Begleitung im Verhandlungstermin vor der Schlichtungsstelle 547,40 €
Dipl.-Ing. D (29.06.2010) Erstellung der Schadensdokumentation 561,68 €
Dipl.-Ing. D (04.06.2010) Markscheiderische Fachbegleitung im Schlichtungsverfahren 309,40 €
Dipl.-Ing. D (26.05.2010) Markscheiderische Fachbegleitung im Schlichtungsverfahren 309,40 €
Dipl.-Ing. D (21.04..2010) Bergschadenkundliche Begleitung im Verhandlungstermin vor der Schlichtungsstelle 547,40 €
Hintergrund dieser Aufwendungen war, dass die Eltern des Klägers im Jahr 2009 einen Schadensersatzanspruch gegenüber der zuständigen RAG AG geltend gemacht hatten. Diese hatte zunächst weitere – über eine im Jahr 2007 erfolgte Schadensregulierung hinausgehende – Entschädigungszahlungen abgelehnt (vgl. Schreiben vom 9. Oktober 2009, Blatt 21 ff. der Gerichtsakte). Daraufhin hatten die Eltern des Klägers ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW beim Regionalverband Ruhr eingeleitet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2011 hatten die Beteiligten einen Vergleich geschlossen, wonach die RAG AG 22.000 € zu zahlen hatte (Blatt 24 der Gerichtsakte). Die Zahlung war auf das Konto des Klägers erfolgt.
Der Beklagte versagte den Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung im Einkommensteuerbescheid vom 10. August 2011 und wies auf die fehlende Zwangsläufigkeit der Aufwendungen hin. Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein und beriefen sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 12. Mai 2011 (VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015). Mit Bescheid vom 17. Oktober 2011 änderte der Beklagte die Festsetzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung – AO –, allerdings ohne die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens verwies er auf den Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Dezember 2011 (BStBl I 2011, 1286).
Mit Einspruchsentscheidung vom 21. August 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass dem Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung die fehlende Zwangsläufigkeit entgegenstehe. Das BFH-Urteil vom 12. Mai 2012 (VI ...