vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegepauschbetrag: Schädlichkeit der Aufwandentschädigung für ehrenamtliche Betreuer, Mindestpflegedauer
Leitsatz (redaktionell)
- Der Abzug des Pflegepauschbetrages durch die Pflegeperson wird durch die Gewährung einer Aufwandentschädigung für ehrenamtliche Betreuer nach § 1835 BGB ausgeschlossen.
- Unabhängig davon setzt der Abzug des Pflegepauschbetrages eine von der Pflegeperson erbrachte Mindestpflegedauer von mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes voraus.
Normenkette
EStG § 33b Abs. 6 S. 1; BGB § 1835
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Pflegepauschbetrages.
Der Kläger (Jg. 1937) ist seit 25.11.2013 zum Betreuer der Frau A (Jg. 1925) und seit 29.01.2015 auch ihres Sohnes (Jg. 1946) bestellt (u. a. betr. „Gesundheitsfürsorge”). Beide Betreuten wohnen seit Oktober 2012 in unterschiedlichen Pflegeheimen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der zu 100 % schwerbehinderte Sohn (Merkmal „H”) noch im Haushalt seiner Mutter gelebt. Der Kläger erklärte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2015 „steuerfreie Aufwandentschädigungen bzw. Einnahmen” als ehrenamtlicher Betreuer von 798 EUR und machte die Pflegepauschbeträge nach § 33b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes -EStG- von jeweils 924 EUR für beide Betreuten geltend. Der Beklagte lehnte den Ansatz der Pauschbeträge mit Bescheid vom 31.05.2016 ab, weil der Kläger die Pflege nicht in seiner oder der Pflegebedürftigen Wohnung erbringe.
Mit dem Einspruch machte der Kläger - letztlich - lediglich noch den Pauschbetrag für die Pflege des Sohnes geltend. Dieser habe die Pflegestufe III, sitze im Rollstuhl und erhalte die Körperpflege durch das Fachpersonal des Heims. Er selbst - der Kläger - führe alle Fahrten außerhalb des Heims durch, insbesondere zwecks Arztbesuchen, mache Bewegungsübungen am Bett und im Rollstuhl, unterhalte sich mit ihm, übe lesen, führe ihn mit der Mutter zusammen, kleide ihn nach Ausgängen etc.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24.10.2016 als unbegründet zurück. Die Pflegemaßnahmen machten nicht mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwands aus, seien also gegenüber der Heimpflege von untergeordneter Bedeutung. Zudem erfolge die Pflege nicht „in der Wohnung” des Sohnes, weil die Pflegebedürftigkeit nicht erst während der Heimunterbringung erfolgt, sondern Anlass für diese gewesen sei.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und ergänzt - nach Korrektur seines Vortrags, dass die Pflegestufe III des Betreuten erst im Folgejahr eingetreten sei: Der Zeitaufwand für die Pflege im Heim bei Pflegestufe II betrage wöchentlich 24,73 Stunden. Er selbst sei wöchentlich 3 Stunden tätig (so die Klageschrift des Klägers persönlich) bzw. 2,5 Stunden (offen gelassen im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 06.11.2017) - mithin mit 12,13 % bzw. 10,11 %. Dass seine Arbeit von untergeordneter Bedeutung sein solle, erschließe sich ihm nicht. Anlass der Heimunterbringung des Sohnes sei der Umstand gewesen, dass die 88-jährige Mutter ihn nicht mehr habe versorgen können; im Heim habe sich dessen Gesundheitszustand erheblich verschlechtert. Der Erhalt der Aufwandentschädigung nach § 1835 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB- (399 EUR für den Betreuten als „mittellosen Sozialhilfeempfänger”) sei steuerlich unschädlich; diese sei unabhängig vom Pflegesatz zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 31.05.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2016 dahin zu ändern, dass der Pflegepauschbetrag von 924 EUR angesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Beteiligten am 19.09.2017 darauf hingewiesen, dass angesichts des Streitwerts unter 500 EUR eine Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren - ggf. mit Revisionszulassung - in Betracht komme, § 94a der Finanzgerichtsordnung -FGO-.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO); der Beklagte hat die Gewährung des Pflegepauschbetrages zutreffend abgelehnt.
Gemäß § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die ihm durch die Pflege einer nicht nur vorübergehend hilflosen Person erwachsen, einen Pflegepauschbetrag von 924 EUR geltend machen, wenn er dafür keine Einnahmen erhält. Nach Satz 5 muss die Pflege in der Wohnung entweder des Steuerpflichtigen oder des Pflegebedürftigen erfolgen.
Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Für die vorliegende Entscheidung kann dahinstehen, ob der Begriff der „Wohnung” auch ein Zimmer im Alten- oder Pflegeheim (hier des Sohnes) umfasst; diese Frage ist höchstrichterlich nicht entschieden und in der Literatur umstritten - maßgeblich wird darauf abgestellt, dass der Betreute in se...