vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzugsbeschränkung bei Beteiligungserwerb im Rahmen der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 9/24)
Leitsatz (redaktionell)
Der Verweis auf § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG i.d.F. vom 24.12.2008 in der Lohnsummenregelung des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG als Voraussetzung des Sanierungsprivilegs bei einem für den Verlustabzug schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 KStG ist dahin zu verstehen, dass das Erfordernis der Lohnsummenregelung von Kleinbetrieben mit maximal zehn Beschäftigten nicht erfüllt werden kann, so dass diese auf einen anders gearteten Nachweis des Erhalts der wesentlichen Betriebsstrukturen zu verweisen sind.
Normenkette
KStG § 8c Abs. 1, 1a Sätze 1, 3 Nr. 2; ErbStG § 13a Abs. 1 S. 3 i.d.F. vom 24.12.2008; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen der sog. Sanierungsklausel § 8c Abs. 1a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Mit Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 22.03.2019 wurden sämtliche Anteile an der Klägerin zu 94,9 % an eine GmbH sowie zu 5,1 % an eine natürliche Person veräußert. Die Veräußerung stellt zwischen den Beteiligten unstreitig einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 KStG dar. Gemäß den Feststellungen zum 31.12.2018 bestanden bei der Klägerin Verlustvorträge i.H.v.…Euro (Körperschaftsteuer) bzw.…Euro (Gewerbesteuer).
Mit Schreiben vom 17.02.2021 trug die Klägerin flankierend zu den am gleichen Tag übermittelten Steuererklärungen für das Jahr 2019 gegenüber dem Beklagten vor, dass trotz schädlichen Beteiligungserwerbs die Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 KStG nicht zu ziehen seien, da die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1 a KStG greife. Die Klägerin sei sanierungsbedürftig und sanierungsfähig und die Maßnahmen zur Sanierung geeignet. Hinsichtlich des Erfordernisses der Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen erklärte die Klägerin, dass die Tatbestandsmerkmale des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 (Betriebsvereinbarung) und Nr. 3 (Zuführung wesentlichen Betriebsvermögens) KStG nicht erfüllt seien und insofern nur die Lohnsummenklausel gemäß § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG in Betracht komme. Sie könne die Lohnsummenregelung zwar nicht anwenden, da die Gesellschaft nicht die erforderliche Anzahl an Beschäftigten habe, jedoch verstehe der überwiegende Teil der Literatur den Verweis auf die Vorschriften des ErbStG als Vereinfachungsnorm, so dass auf den Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen in diesem Fall verzichtet werden könne.
Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß mit Bescheiden vom 01.07.2021 (Körperschaftsteuerbescheid 2019 sowie Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2019) bzw. 12.07.2021 (Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2019 sowie Bescheid auf den 31.12.2019 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes) und stellte Verlustvorträge zum 31.12.2019 i.H.v.…Euro für körperschaftsteuerliche und…Euro für gewerbesteuerliche Zwecke unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Mit Änderungsbescheiden vom 21.07.2021 und vom 30.07.2021 stellte der Beklagte die verbleibenden Verlustvorträge für das Jahr 2019 auf nur noch…Euro für körperschaftsteuerliche und auf nur noch…Euro für gewerbesteuerliche Zwecke fest. Die festgestellten Verlustbeträge resultierten dabei aus der erklärten und insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig gegebenen Anwendung der Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs. 1 Sätze 5 bis 8 KStG. Die Anwendung der Sanierungsklausel lehnte der Beklagte hingegen ab. Weder sei die Klägerin sanierungsbedürftig noch sei davon auszugehen, dass die Sanierung i.S.d. § 8c Abs. 1a Satz 3 KStG zur Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen erfolgt sei.
Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide am 04.08.2021 Einsprüche ein, welche vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 02.09.2022 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Der Beklagte ging in der Einspruchsentscheidung zwar nunmehr erstmals in Übereinstimmung mit der Klägerin davon aus, dass die erforderliche Sanierungsbedürftigkeit der Klägerin gegeben war, jedoch sah er das Erfordernis des Erhalts der wesentlichen Betriebsstrukturen (weiterhin) als nicht gegeben an.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit der am 30.09.2022 erhobenen Klage weiter. Sie trägt vor, dass infolge der Übernahme der Anteile und der Sanierung der Klägerin auch die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten worden seien. Die Voraussetzung des § 8c Abs. 1a Satz 3 KStG sei erfüllt. Zwar sei keine Betriebsvereinbarung geschlossen wurden (Nr. 1). Auch sei der Klägerin kein wesentliches Betriebsvermögen zugeführt worden (Nr. 3). Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Klägerin werde jedoch innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten. Die Ausgangslohnsumme set...