Entscheidungsstichwort (Thema)
Formelle Anforderungen an die Rechnungsanschrift eines in der EU ansässigen Unternehmers beim innergemeinschaftlichen Leistungsverkehr
Leitsatz (redaktionell)
- Werden innergemeinschaftliche Lieferungen eines in Italien ansässigen Unternehmers (Kfz-Reimport) durch die Ausstellung von Rechnungen unter der Adresse eines inländischen Scheinfirmensitzes verschleiert, an dem keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktionen, Behördenkontakte und Zahlungsverkehr stattfinden, so kann der inländische Leistungsempfänger die ausgewiesene Vorsteuer mangels eindeutiger und leicht nachprüfbarer Feststellbarkeit des leistenden Unternehmers aus den Angaben im Abrechnungspapier nicht abziehen.
- Soweit der Bundesfinanzhof im Aussetzungsbeschluss vom 19.05.1999 V B 5/99, der einen vergleichbaren Fall von Kfz-Lieferungen dieses Unternehmers betraf, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung des Vorsteuerabzugs bejaht hat, haben sich die dem zugrunde liegenden summarischen Sachverhaltsannahmen, dass der Unternehmer seinen umsatzsteuerlichen Verpflichtungen durch Anmeldung seiner Umsätze und Abführung der geschuldeten Umsatzsteuer nachgekommen sei und dass sowohl seine deutsche Deckadresse als auch der Firmensitz in Italien der Finanzbehörde bekannt gewesen seien, nachträglich als unzutreffend erwiesen.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger betreibt in „H-Stadt” einen Kfz-Handel und erwarb in den Streitjahren u.a. Fahrzeuge, die aus Italien reimportiert worden waren.
Aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung kam der Prüfer zu der Auffassung, dass die 1996 in Rechnungen einer Firma „M-PKW X-Person” in „O-Stadt” ausgewiesenen Vorsteuerbeträge i.H.v. insgesamt 64.186,90 DM nicht abzugsfähig seien (davon eine Rechnung vom 04.11.1996 mit einem Vorsteuerbetrag von 2.452,17 DM weil sie nicht an den Kläger sondern an eine Fa. „N” in „N-Stadt” gerichtet gewesen sei).
Die angegebene Adresse stelle lediglich eine Scheinadresse dar, da der Rechnungsaussteller dort keine eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet habe. „X-Person (X)” sei vielmehr in „C-Stadt”/ Italien ansässig gewesen und habe auch das bei der Vereinsbank in „I-Stadt” eingerichtete Geschäftskonto nicht genutzt. Unter der Anschrift „l-Staße 1”, „00001” „O-Stadt” sei nur ein Büroservice der Fa. GbR „E” ansässig, die Firma „M-PKW” sei lediglich „papiermäßig” in eine fingierte Lieferkette eingeschaltet gewesen und habe die in Rechnung gestellte Lieferung tatsächlich nicht erbracht.
Zu den von dem Büroservice ausgeführten Tätigkeiten hat Frau „E” als Zeugin gegenüber der Steuerfahndungsstelle ausgesagt. Auf das Vernehmungsprotokoll wird Bezug genommen.
Der Beklagte wich von der Umsatzsteuererklärung 1996 des Beklagten insoweit ab und erließ unter dem 20.8.1998 einen Umsatzsteuerbescheid, in dem die Umsatzsteuer um 64.186,10 DM höher als erklärt festgesetzt wurde.
Hiergegen hat der Kläger Einspruch eingelegt. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens hat der Beklagte mit Bescheiden vom 13.3.1990 die Umsatzsteuerfestsetzungen 1995 und 1996 dahingehend geändert, dass nunmehr auch Vorsteuern i.H.v. 4.369,57 DM (1995) und 79.852,17 DM (1996), die dem Kläger von einer Firma „B”, Inhaber „F”, „J-Stadt”, in Rechnung gestellt worden waren, nicht zum Abzug zugelassen wurden.
Als Begründung hierfür wurde auf die Ergebnisse einer Steuerfahndungsprüfung bei dem Rechnungsaussteller verwiesen. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung handele es sich bei der Firma „B” Neuwagenimporte, Inhaber „F”, um kein selbständiges Unternehmen. „F” sei vielmehr lediglich von seinem Schwager „X” als Strohmann in eine fingierte Lieferkette bei dem Import der Fahrzeuge aus Italien eingeschaltet gewesen.
Gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 und 1996 hat der Kläger erfolglos Einspruch eingelegt und schließlich Klage erhoben mit der er geltend macht, dass die vom Beklagten behauptete fehlende Unternehmereigenschaft der Vorlieferanten der strittigen Lieferungen nicht nachprüfbar erläutert werde. Im übrigen werde auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 19.5.1999 V B 5/99 hingewiesen, in dem es ebenfalls um den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Firma „M-PKW X-Person” gegangen sei und in dem der BFH die Vorsteuerabzugsmöglichkeit bejaht habe. Schließlich ergebe sich aus dem Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 02.10.2000, dass dem Kläger, der in Bezug auf die Unternehmereigenschaft von „F” und „X” gutgläubig gewesen sei, der Vorsteuerabzug zu gewähren sei.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2005 Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen „L”, „K”, „D” und „A.X”.
Die Beteiligten haben sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend verständigt, dass jeweils 50% der in den Rechnungen der Fa. „B” „F”, „J-Stadt” ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge bei den Umsatzsteuerveranlagungen 1995 und 1996 als Vorsteuer abzugsfähig sind. Der ...