Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung – Geschäftsbeziehung zwischen Gemeinde und geprüftem Unternehmen – Erforderlichkeit von Sicherungsmaßnahmen zur Wahrung des Steuergeheimnisses
Leitsatz (redaktionell)
Die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung für gewerbesteuerliche Zwecke steht der der Schutz des Steuergeheimnisses entgegen, wenn das zu prüfende Unternehmen der Gemeinde oder deren Tochtergesellschaften gegenüber Leistungen aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen erbringt und die Prüfungsanordnung keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen vorsieht, um die Offenbarung der für die wirtschaftliche Tätigkeit oder für andere außersteuerliche Interessen der Gemeinde bedeutsamen Erkenntnisse zu verhindern (vgl. BFH-Beschluss vom 4.5.2017 IV B 10/17, BFH/NV 2017, 1009).
Normenkette
FVG § 21 Abs. 2-3; AO § 3 Abs. 2, § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 4 Nr. 1; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; GG Art. 28 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an einer durch den Beklagten angeordneten Außenprüfung.
Unternehmensgegenstand der in B-Stadt ansässigen Klägerin laut Handelsregister ist der Handel mit Erzeugnissen und der Vertrieb von Waren …sowie damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen... .
Mit Verfügung vom 9.8.2017 ordnete der Beklagte eine steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2013 bis 2015 u.a. für Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer an. Nach einem entsprechenden Teilnahmeersuchen der Stadt B erging am 29.11.2017 eine geänderte Anordnung, in der es unter Bezug auf § 21 Abs. 3 des Finanzverwaltungsgesetzes -FVG- heißt: ”In Ergänzung zur Prüfungsanordnung vom 9.8.2017 teile ich Ihnen mit, dass Herr A als Bediensteter der Stadt B für die Gewerbesteuer an der Prüfung teilnimmt.“
Den dagegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 14.2.2018 als unbegründet zurück.
Am 6.3.2018 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, durch die Verfügung zur Teilnahme des Gemeindeprüfers an der Außenprüfung habe der Beklagte seinen Kompetenzbereich überschritten, indem er einen fremden Verwaltungsakt erlassen habe. § 21 FVG regele nur die Rechte und Pflichten zwischen den Behörden, ermächtige den Beklagten aber nicht dazu, die Klägerin zur Duldung der Teilnahme des Gemeindebediensteten zu verpflichten. Zudem bestehe die Besorgnis einer Verletzung des Steuergeheimnisses. Es liege nicht der Regelfall vor, dass sich das Rechtsverhältnis zwischen der Stadt B und der Klägerin nur auf Rechtsbeziehungen zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner beschränke. Vielmehr erbringe die Klägerin gegenüber der Stadt B bzw. deren Tochtergesellschaften…privatrechtlich vereinbarte Leistungen. Im Rahmen der Außenprüfung könnten auch Geschäfte der Klägerin mit diesen Gesellschaften oder der Stadt selbst überprüft werden. Bei einer Beteiligung des Gemeindebediensteten sei nicht auszuschließen, dass die Kalkulationsunterlagen der Klägerin zu diesen Geschäften offengelegt werden müssten und ggf. mit anderen Kalkulationsunterlagen verglichen werden könnten. Letztlich sei der Gemeindebedienstete dem Kämmerer und dem Bürgermeister der Stadt B gegenüber auskunftspflichtig; der Bürgermeister der Stadt B sei Mitglied im Beirat der genannten Gesellschaften, die die Klägerin beide beliefere. Alleine die Möglichkeit, dass der Bürgermeister der Stadt B über einzelne Verträge oder Kalkulationen informiert werden könnte, schließe aus, dass derartige Informationen an den Gemeindebediensteten weitergegeben werden dürften. Daher sei dessen Teilnahme an der Außenprüfung unzulässig.
Nach Hinweis des Gerichts auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23.1.2020 III R 9/18 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 2020, 436) hat die Klägerin erklärt, die Klage im Hinblick auf die Besorgnis einer Verletzung des Steuergeheimnisses aufrechterhalten zu wollen (Schriftsatz vom 17.11.2020).
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, den Bescheid über die Teilnahme des Gemeindeprüfers an der Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2013 bis 2015 aufzuheben, hilfsweise für nichtig zu erklären. Nachdem die Außenprüfung während des Klageverfahrens ohne Teilnahme des Gemeindeprüfers beendet worden ist, begehrt die Klägerin nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage. Es liege eine konkrete Wiederholungsgefahr für Außenprüfungen ab 2016 vor, weil der Beklagte für die anstehende Folgeprüfung angekündigt habe, nicht auf die Teilnahme des Gemeindeprüfers zu verzichten. Da die Klägerin auch in den Jahren ab 2016 Leistungen gegenüber der Stadt B und deren Tochtergesellschaften erbracht habe, bestehe weiterhin die Besorgnis der Verletzung des Steuergeheimnisses. Die Gründe für eine Nichtteilnahme des Gemeindeb...