Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer – einheitliches Vertragswerk: Bezugsfertiges Haus als Gegenstand des Erwerbs – Tatsächliches Zusammenwirken zwischen Grundstücksverkäufer/Rohbauersteller und dem den Innenausbau koordinierenden Bauleiter
Leitsatz (redaktionell)
- Der für die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist das Grundstück mit aufstehendem bezugsfertigen Gebäude, wenn der den Rohbau errichtende Grundstücksverkäufer mit dem den Innenausbau vermittelnden und überwachenden Bauleiter tatsächlich zusammenwirkt.
- Für das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerkes kommt es nicht darauf an, ob die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung durch individuelle Vorgaben von der Erwerberseite mit beeinflusst worden ist.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 2. 2. 2007 das Grundstück „A” zum Preis von 524.850 € von der „B” GmbH”. Laut Tz. 1.1 des Vertrages sollte der Verkäufer auf dem Grundstück ein EFH mit Garage als Rohbau mit Verklinkerung, Dachstuhl, Dacheindeckung nebst Regenrinne und Regenfallrohren nach Maßgabe der als Anlage zum Vertrag genommenen Baubeschreibung und Plänen errichten. Nach Tz. 3.1 des Vertrages sollte der Käufer den weiteren Ausbau bis zur Bezugsfertigstellung einschließlich Außenanlagen in eigener Regie, auf eigenen Namen und eigene Rechnung durchführen.
Die Anlage B zum Kaufvertrag betraf die Ausbauarbeiten bez. Fenster, Außentüren, Rolladen, Heizungsinstallation, Sanitärinstallation, Elektroinstallation, Innenputzarbeiten und Deckenverkleidungen, Estrich, Plattierungsarbeiten, Innentüren, Oberböden sowie Anstreich- und Tapezierarbeiten.
Der Bauantrag wurde am 7. 2. 2007 von der „B” GmbH gestellt und am 14. 2. 2007 genehmigt.
Der Baubeginn wurde auf den 23. 4. 2007 angezeigt, als Bauleiter wurde seitens der „B” GmbH Herr „C” angegeben.
Am 13. 7. 2007 erfolgte die Rohbauabnahme. Die Fa. „B” GmbH zeigte dem Bauamt am 21. 11. 2007 die Fertigstellung zum 30. 11. 2007 an.
Mit Bescheid vom 1. 3. 2007 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 18.369 € fest. Auf Anfragen des Beklagten teilte die Klägerin im April 2009 mit, dass die Ausschreibungen und Beauftragung der Firmen für die einzelnen Innenausbaugewerke unter Einschaltung eines Bauleitungsbüros erfolgt seien. Eine Kopie des Baubetreuervertrages vom 6. 8. 2007 mit dem Bauleitungsbüro „C” wurde übersandt. Danach oblagen dem Baubetreuer die Vorbereitung der Vergabe und Objektüberwachung der Gewerke 4-15. Der Beklagte teilte der Klägerin mit, er beabsichtige die Grunderwerbsteuerveranlagung zu ändern. Gegenstand des Kaufvertrages sei ein Rohbau gewesen, das wirtschaftlich gewollte Ergebnis sei aber ein bezugsfertiges Haus. Der vom Anbieter vorgegebene Geschehensablauf habe sich von Anfang an auf die schlüsselfertige Erstellung des Hauses bezogen; zu diesem Zweck sei regelmäßig das Bauleitungsbüro „C” eingeschaltet worden, um den weiteren Ausbau zu koordinieren. Es seien im Wesentlichen bei allen von der Fa. „B” GmbH gebauten Objekten die gleichen Firmen mit dem Ausbau beauftragt , die Werkverträge allerdings koordiniert durch Herrn „C” von den Eigentümern geschlossen worden. Die Klägerin erwiderte hierauf, die Fa. „B” GmbH verkaufe ausschließlich veredelte Rohbauten. Der Klägerin sei auch ein Konzept für einen Standardinnenausbau vorgelegt worden, sie habe sich aber zum Erwerb des veredelten Rohbaus entschlossen, da sich so die Möglichkeit zur Realisierung persönlicher Wünsche im Innenausbau ergebe. Vom Standardplan sei erheblich abgewichen worden. Auf Empfehlung sei Herr „C” als Bauleiter verpflichtet worden; dies sei aber nicht Voraussetzung für den Erwerb des veredelten Rohbaus gewesen. Die Fa. „B” GmbH habe keinen Einfluss auf die Gewerke genommen.
Der Beklagte erließ am 8. 3. 2010 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid und setzte die Steuer auf 24.669 € fest; die Baukosten wurden auf 180.000 € geschätzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte am 22. 8. 2012 zurückwies. Er führte aus, bei den Verkäufen durch die Fa. „B” GmbH werde im Wesentlichen wie folgt vorgegangen: im Internet würden schlüsselfertige EFH der gehobenen Ausstattung mit detaillierter Beschreibung der Innenausstattung zu Komplettpreisen angeboten. Die GmbH vertreibe die Grundstücke in völlig fertig geplantem und zum Teil fast fertig gestellten Zustand. Die Vertragsentwürfe seien auch im Hinblick auf den Innenausbau bis ins Letzte detailliert; die Anlagen zum Vertrag enthielten in Teil A eine Auflistung der Arbeiten bis zur Rohbaufertigstellung, in Teil B eine Auflistung der Ausbauarbeiten. Es folge eine zusammengefasste Aufstellung der GmbH unter Hinweis auf die Kostenaufstellung der Fa. „C” für das schlüsselfertige Objekt inkl. Ausbaukosten. Dann folge der Absc...