Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze aus dem Verkauf von Regenwürmern für den Anglerbedarf unterliegen dem vollen Steuersatz
Leitsatz (redaktionell)
Umsätze aus dem Verkauf von Regenwürmern für den Anglerbedarf unterliegen dem vollen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, da Regenwürmer nicht als Weichtiere i. S. d. des Zolltarifs eingeordnet werden können.
Normenkette
UStG 1980 § 12 Abs. 1-2
Tatbestand
Der Kläger betrieb unter der Firmenbezeichnung einen Handel mit biologischen Gartenartikeln. Die Tätigkeit begann mit dem Aufbau einer Regenwurmzucht. Beabsichtigt war die Belieferung von Zoo-Fachgeschäften, Gärtnereien, Anglern und zoologischen Gärten mit selbstgezüchteten Würmern. In der Folgezeit wurde das Angebot auf Fliegenmaden erweitert. 3 Jahre später wurde der gesamte Warenbestand, einschließlich des Zuchtmaterials gestohlen. Da aus finanziellen Gründen ein Wiederaufbau der Zucht nicht mehr in Betracht kam, handelte der Kläger ab diesem Zeitpunkt nur noch mit verschiedenen Arten von Würmern. Im wurde das Lager des Klägers bei einem Brand vollständig zerstört. Seitdem bietet der Kläger im Rahmen eines Einzelhandelsgeschäfts den gesamten Anglerbedarf mit Zubehör und Futtermittel an.
Im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung für die Streitjahre unterwarf der Beklagte Umsätze in Höhe von (nette) DM dem ermäßigten Steuersatz von 7. v. H.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass dem Großhandelsumsatz aus dem Handel mit Würmern nur noch untergeordnete Bedeutung zukomme. Ferner vertrat er die Auffassung, dass der Handel mit Regenwürmern nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Es handele sich nicht um Weichtiere im zoologischen Sinne, auf die der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und änderte die Steuerfestsetzungen dahingehend ab, dass sämtliche Umsätze dem vollen Steuersatz unterworfen wurden.
Den Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes seien nicht erfüllt. Zwar unterlägen Weichtiere dem ermäßigten Steuersatz. Bei Regenwürmern handele es sich jedoch nicht um Weich-, sondern um Gliedertiere. Auch die Steuervergünstigung für die Lieferung lebender Tiere komme nicht in Betracht. Ebenso wenig handele es sich bei der Lieferung von Regenwürmern um die Lieferung von zubereitetem Futter.
Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ergebe sich zwingend aus der Anlage zu § 12 UStG. Danach unterlägen u. a. Weichtiere dem ermäßigten Steuersatz. Darunter fielen alle Waren, die in Kapitel 3 des Zolltarifs genannt seien. Da Würmer der Zolltarifnummer 03.07.99.900009 zuzuordnen seien, lägen die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vor. Darüber hinaus unterlägen Würmer bei der Einfuhrumsatzsteuer dem ermäßigten Steuersatz, so dass für den Verkauf nichts anderes gelten könne.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteueränderungsbescheide vom … und die Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, bei (Regen-)Würmern handele es sich nicht um Weichtiere, sondern um Gliedertiere, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat die vom Kläger getätigten Umsätze aus dem Verkauf von Regenwürmern zu Recht dem vollen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – unterworfen.
Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 UStG nicht erfüllt.
Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich der Steuersatz – abgesehen von den weiteren im Streitfall nicht einschlägigen enumerativ aufgeführten Umsätzen – auf 7 von Hundert, sofern es sich um einen Umsatz handelt, der sich auf einen in der Anlage zu § 12 UStG genannten Gegenstand bezieht.
Die Umsätze des Klägers aus dem Handel mit Regenwürmern gehören ersichtlich nicht zu den Umsätzen mit lebenden Tieren nach Nr. 1 der Anlage, da Regenwürmern nicht zu den abschließend aufgezählten Tierarten gehören.
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes folgt auch nicht aus der laufenden Nr. 3 der Anlage. Danach unterliegen dem ermäßigten Steuersatz Fische und Krebstiere, Weichtiere und andere wirbellose Wassertiere, ausgenommen Zierfische, Langusten, Hummer, Austern und Schnecken. Diese Vorschrift verweist auf Kapitel 3 des Zolltarifs, so dass es für die Auslegung der einzelnen Regelungen der Anlage auf die zolltariflichen Vorschriften und Begriffe ankommt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 20. Februar 1990 VII R 172/84, Bundessteuerblatt Teil II – BStBl II – 1990, 760).
Nach ihrem Wortlaut umfasst die im Streitfall allein in Betracht kommende Tarifnummer 03.07. zunächst Weichtiere, auch ohne Schale, lebend, frisch, gekühlt, gefroren, getrocknet, gesalzen oder in Salzlake. In den der Tarifnummer weiter zugeordneten Untergruppierungen sind Regenwürme...