Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis eines den Bodenrichtwert unterschreitenden niedrigeren Verkehrswertes durch Verkauf 3 Jahre nach dem Besteuerungszeitpunkt
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Bewertung eines bebauten Grundstücks für Zwecke der ErbSt kann der Nachweis eines den Bodenrichtwert unterschreitenden niedrigeren Verkehrswertes auch durch einen 3 Jahre nach dem Besteuerungszeitpunkt erfolgten Verkauf geführt werden (gegen R 177 Satz 3 ErbStR). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Bodenrichtwert und die erzielte Miete innerhalb dieses Zeitraums unverändert geblieben sind.
- Für den Nachweis des niedrigeren Wertes nach § 146 Abs. 7 BewG ist nicht auf die Wertverhältnisse zum 01.01.1996, sondern auf die Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt abzustellen.
Normenkette
BewG § 138 Abs. 1 S. 2, Abs. 4, § 146 Abs. 2, 6-7
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der gemeine Wert eines bebauten Grundstücks im Sinne des § 146 Abs. 7 Bewertungsgesetz (BewG) nachgewiesen worden ist.
Die Klägerin erbte am 29.11.1996 den Grundbesitz A , Flur …, Nr. … (392 m²) und Nr. … (886 m²). Auf dem Grundstück stehen gemäß einem Aktenvermerk über eine Nachschau durch Vertreter des Beklagten am 09.12.1999 drei Hallen. Eine Halle, die als Lagerraum dient, mit einer Raumhöhe von 4 m. Die zweite Halle ist ein niedriger schlauchartiger Bau (Raumhöhe ca. 1,20 m) aus Backstein, die früher als Trockenhalle einer Ziegelei diente. Die dritte Halle mit einer Raumhöhe von ca. 2,50 m liegt hinter der Trockenhalle. Die Hallen 2 und 3 sind mit Bauschutt und Ziegeleiresten vollgestellt. Sie sind dem Verfall preisgegeben. Nach Auskunft des jetzigen Eigentümers des Grundstücks, Herrn C , vertritt das Bauamt der Stadt A die Auffassung, dass die Altbausubstanz der Hallen 2 und 3 nur noch abgerissen werden könne. Die Abbruchkosten wurden Herrn C mit ca. 300.000,-- DM avisiert. Die für das Grundstück erzielte Miete betrug von 1991 bis zum Ende der Mietzeit 1999 700,- DM pro Monat inkl. Nebenkosten.
Der Beklagte holte telefonische Auskünfte von Herrn D vom Gutachterausschuss ein. Danach beträgt der Bodenwert 150,-- DM/m². Auch unter Berücksichtigung der Abbruchkosten sei dieser Bodenwert zutreffend, da die ersparten Abbruchkosten werterhöhend zu berücksichtigen seien.
Mit Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 29.11.1996 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 21.12.1999 stellte der Beklagte den Grundbesitzwert für das streitige Grundstück auf 153.000,-- DM fest. Den Ertragswert des Grundstücks ermittelte der Beklagte auf 84.000,-- DM. Der Mindestwert wurde auf Grund eines Bodenrichtwertes von 150,-- DM/m² und einer Fläche von 1.278 m² unter Berücksichtigung des Abschlages von 20 v. H. auf 153.360,-- DM festgestellt.
Gegen diesen Feststellungsbescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Der Einspruch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Grundstück durch notarielle Urkunde vom 08.09.1999 für 80.000,-- DM veräußert worden sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 19.04.2000 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung vertritt der Beklagte die Auffassung, dass durch den notariellen Kaufvertrag vom 08.09.1999 der Verkehrswert des streitigen Grundstücks nicht nachgewiesen werden könne, da gemäß den Richtlinien zu den §§ 145 und 146 BewG R 163 und 177 des Amtlichen Erbschaftsteuerhandbuchs 1999 ein Kaufvertrag über ein Grundstück nur dann als Nachweis geeignet sei, wenn er im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zu Stande gekommen sei.
Die Klägerin hat am 19.05.2000 Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, aus dem Kaufvertrag vom 08.09.1999 ergebe sich, dass der Verkehrswert des Grundstücks zum Bewertungsstichtag 80.000,-- DM betragen habe. Kaufverträge außerhalb der Frist von einem Jahr vor und nach dem Besteuerungszeitraum seien entgegen der Auffassung des Beklagten als Nachweis für den Verkehrswert von Grundstücken geeignet, wenn - wie im vorliegenden Fall - sich die Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt in A nicht oder nur unerheblich geändert hätten. Die Klägerin verzichte darauf, den im notariellen Vertrag vom 08.09.1999 vereinbarten Kaufpreis von 80.000,-- DM mit Hilfe der u. a. von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelten Indexreihen auf den Bewertungsstichtag 29.11.1996 zurückzurechnen. Der vereinbarte Kaufpreis liege erheblich unter dem vom Beklagten gemäß § 146 Abs. 6 BewG ermittelten Wert, da das Grundstück seit Jahrzehnten industriell bzw. gewerblich genutzt worden sei und daher möglicherweise mit Altlasten belastet sei und das Grundstück mit älteren Fabrikgebäuden bebaut sei, die in keiner Weise den neuzeitlichen Anforderungen entsprechen und abgebrochen werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
1.)den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf 29.11.1996 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 21.12.1999 für die wirtschaftlic...