Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlungssteuerrecht: EuGH-Vorlage zur Unionsrechtswidrigkeit der sog. Entstrickungsbesteuerung nach § 20 UmwStG 1995
Leitsatz (amtlich)
Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden zur Vorabentscheidung folgende Rechtsfragen vorgelegt:
1. Ist es mit Art. 43 EG (bzw. Art. 49 AEUV) vereinbar, wenn eine nationale Regelung im Falle der Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Kapitalgesellschaft vorsieht, dass das eingebrachte Betriebsvermögen zwingend mit dem Teilwert anzusetzen ist (und damit durch Aufdeckung der stillen Reserven für den Einbringenden ein Veräußerungsgewinn entsteht), sofern das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der dem Einbringenden für die Einbringung gewährten, neuen Geschäftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen ist?
2. Für den Fall, dass die erste Frage zu verneinen: Ist die nationale Regelung mit Art. 43 EG (bzw. Art. 49 AEUV) vereinbar, wenn dem Einbringenden das Recht eingeräumt wird, für die infolge der Aufdeckung der stillen Reserven entstehende Steuer zinsfreie Stundung in dem Sinne beantragen zu können, dass die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer in jährlichen Teilbeträgen von mindestens je einem Fünftel entrichtet werden kann, sofern die Entrichtung der Teilbeträge sichergestellt ist?
Normenkette
UmwStG 1995 § 20 Abs. 3; UmwStG § 20 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
I. Sachverhalt
Streitig ist im Ausgangsverfahren die Feststellung eines Veräußerungsgewinns im Rahmen der Gewinnfeststellung einer deutschen Kommanditgesellschaft, der A GmbH & Co. KG (im Folgenden A KG) mit Sitz in Hamburg.
Die Klägerin, die A Beteiligungsgesellschaft mbH, ist eine Gesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in B. Bis 2002 firmierte sie unter S Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden S-GmbH). Auf die Klägerin wurde am ... 2002 die K Ges.mbH (im Folgenden K-GmbH), ebenfalls eine Gesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in B, verschmolzen, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin dadurch geworden ist.
Die S-GmbH - ab ... 2000 - und die K-GmbH waren im Streitjahr 2000 Kommanditisten der A KG. Komplementärin war die inländische A GmbH (im Folgenden A GmbH, vormals firmierend als A Beteiligungsgesellschaft ... mbH). An der A GmbH waren ursprünglich mit Anteilen von jeweils ... DM die K-GmbH und HS (HS) beteiligt. HS hatte diese GmbH-Beteiligung und die ursprünglich ebenfalls von ihm persönlich gehaltene Beteiligung an der A KG per ... 2000 in die S-GmbH eingebracht. Der aus dieser Einbringung zu Zwischenwerten resultierende Veräußerungsgewinn ist in diesem Verfahren nicht streitig.
Mit notariellem Vertrag vom ... 2001 wurde das Stammkapital der A GmbH um ... DM auf ... DM erhöht. Die S-GmbH und die K-GmbH übernahmen davon jeweils ... DM. Hierfür brachten sie ihre jeweiligen Kommanditanteile an der A KG mit einem Nennbetrag von je ... DM als Sacheinlage in die A GmbH ein. Der Buchwert der Anteile wurde mit jeweils ... DM angesetzt; die Übertragung der Anteile erfolgte rückwirkend zum 01.01.2001, d. h. auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 31.12.2000. Mit der Übertragung der Anteile auf die A GmbH war die A KG aufgelöst. In der Übernahmebilanz der aufnehmenden A GmbH wurde das eingebrachte Betriebsvermögen mit den Buchwerten angesetzt.
Das beklagte Finanzamt bewertete die mit Wirkung zum 01.01.2001 von der S-GmbH und der K-GmbH in die A GmbH eingebrachten Mitunternehmeranteile gem. § 20 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG 1995) dagegen mit dem Teilwert und setzte mit Feststellungsbescheid für 2000 für die K-GmbH einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM und für die S-GmbH von ... DM fest. Mit - bestandskräftigem - Körperschaftsteuerbescheid 2000 berücksichtigte das Finanzamt auch bei der aufnehmenden Gesellschaft, der A GmbH, den Einlagewert mit dem Teilwert.
Die Klägerin hat am ... 2010 Klage gegen den Feststellungsbescheid erhoben. Sie macht geltend, dass die Besteuerung des Einbringungsgewinns zwar dem Wortlaut des § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 entspreche, aber die unionsrechtlich geschützte Niederlassungsfreiheit verletze.
Die Niederlassungsfreiheit sei verletzt, weil die Buchwertfortführung allein deshalb versagt werde, weil die einbringenden Mitunternehmer ihren Sitz in Österreich hätten und das Besteuerungsrecht für die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gem. Art. 7 Abs. 1 des im Streitjahr geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 04.10.1954 - DBA-Österreich 1954 - (BGBl II 1955, 750, BStBl I 1955, 370) dem Sitzstaat zugewiesen werde. Hätten die S-GmbH und die K-GmbH dagegen ihren Sitz im Inland gehabt, käme es nicht zur Aufdeckung der in ...