Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung und Tierschutz
Leitsatz (amtlich)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Ziffer 48.5 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. Nr. L 340/17) in der Fassung der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.06.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport (ABl. Nr. L 148/52) auf Bahntransporte anwendbar?
Ist das Gericht in Fallgestaltungen, in denen der Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG nicht zum Verenden der Tiere geführt hat, generell zur Prüfung verpflichtet, ob die zuständige Behörde des Mitgliedstaates die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung des Rates (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18.03.1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. Nr. L 82/19) im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angewandt hat?
Normenkette
EGV 615/98 Art. 5 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.
Mit Ausfuhranmeldung vom 12.10.2000 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A insgesamt 20 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000 zur Ausfuhr nach Ägypten an. Die Tiere waren Teil einer Gesamtsendung von insgesamt 156 Tieren, die mit der Bahn von B (Schleswig-Holstein) über C, D, E (Slowenien) und F nach G (Kroatien) transportiert und anschließend verschifft wurden. Die Verladung der Tiere in B erfolgte ausweislich des Transportplans am 12.10.2000 in der Zeit von 11.30 bis 18.00 Uhr; gegen 20.10 Uhr fuhr die Bahn in B ab. Nach einem Halt am 13.10.2000 in E, wo die Tiere in der Zeit von 21.00 bis 22.30 Uhr getränkt und versorgt wurden, erreichte der Bahntransport am 14.10.2000 gegen 5.30 Uhr G.
Den Antrag der Klägerin vom 26.10.2000 auf Gewährung von Ausfuhrerstattung lehnte das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit mit Bescheid vom 09.08.2005 mit der Begründung ab, dass die Klägerin während des Transports der Tiere die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten habe. Nach Auswertung des von ihr vorgelegten Transportplanes sei festgestellt worden, dass der Bahntransport 33 Stunden und 20 Minuten betragen und damit die nach Kapitel VII Nr. 48 des Anhangs zur Richtlinie 91/628/EWG zulässige maximale Transportzeit von 28 Stunden überschritten habe.
In ihrem gegen den Bescheid vom 09.08.2005 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin u.a. ein, dass die Dauer des in Rede stehenden Eisenbahntransportes der nationalen Regelung des § 24 Abs. 5 der Tierschutztransportverordnung entsprochen habe. Es sei treuwidrig, ihr - der Klägerin - die begehrte Ausfuhrerstattung unter Hinweis darauf zu versagen, dass der Bahntransport zwar den einschlägigen nationalen Vorschriften entsprochen, jedoch nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht gestanden habe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24.05.2006 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 09.08.2005 zurück. In seiner Einspruchsentscheidung führte das beklagte Hauptzollamt u.a. aus, dass die Europäische Kommission im Rahmen einer Überprüfung der Eisenbahntransporte von B nach G festgestellt habe, dass die durchschnittliche Transportdauer 36 Stunden und 35 Minuten betragen habe (Prüfungsbericht vom 18.06.2001, AGR 01403). Nach den von der Deutschen Bundesbahn Cargo den Veterinärbehörden übermittelten Fahrplänen für Viehtransporte von B nach G ergäbe sich eine Fahrzeit von 34 Stunden und 41 Minuten. Diese Feststellungen zeigten, dass bei allen Eisenbahntransporten von B nach G nicht nur die nach der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene maximale Transportdauer überschritten, sondern auch die nach dieser Richtlinie nach der maximalen Transportdauer vorgeschriebene Ruhepause von 24 Stunden nicht eingehalten worden sei.
Mit ihrer am 26.06.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie betont erneut, dass nach der nationalen Tierschutztransportverordnung, die der Umsetzung der Richtlinie 91/628/EWG diene, die Vorschriften über die Ruhepausen und die Transportdauer auf den Schienentransport keine Anwendung fänden. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe zudem mit Schreiben vom 13.10.2000 an den Deutschen Vieh- und Fleischhandelsbund e.V. zugesichert, dass bis zum Ende des Jahres 2000 stillschweigend Übergangsfristen hinsichtlich der Richtlinie eingeräumt würden.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung des Bescheides vom 09.08.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 24.05.2006 - soweit diese entgegensteht - zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 26.10.2000 Ausfuhrerstattung zu gewähren.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen...