Revision eingelegt BFH IV R 60/11
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des begrenzten Verlustausgleichs im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags
Leitsatz (amtlich)
Die Mindestbesteuerung nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG ist grundsätzlich mit dem GG vereinbar. Die Beschränkung des Verlustabzugs ist im Streitfall mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, da sie durch die Gewährleistung der kommunalen Finanzhoheit gerechtfertigt ist.
Normenkette
GewStG 2007 § 10a Sätze 1-2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 S. 3, Art. 14
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit des begrenzten Verlustausgleichs im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags.
Die Klägerin wurde mit Co-Produktionsvertrag vom ... 2004 zwischen der A GmbH (jetzt: AA GmbH, Amtsgericht B, HRB ..., im Folgenden: AA GmbH) und der C GmbH & Co. Beteiligungs KG (jetzt: Amtsgericht D, HRA ..., im Folgenden C KG) gegründet. Gegenstand der Klägerin ist die Herstellung und Verwertung des Films "...". Mit Vertrag vom ... 2006 wurde die E GmbH (jetzt: F GmbH, Amtsgericht B, HRB ..., im Folgenden F GmbH) an der Koproduktion beteiligt. Im Jahr 2004 entstanden der Klägerin Filmproduktionskosten in Höhe von über eine Million EUR. Der Film kam am ... 2007 erstmalig in die Kinos. Im Jahr 2008 kam der Film zum Verleih in die Videotheken. Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben fielen bei den Gesellschaftern der Klägerin in den Jahren 2004 bis 2006 nicht an bzw. führten bei der F GmbH im Jahr 2006 zu einem Sonderbetriebsergebnis von 0 EUR. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 23.09.2008 den vortragsfähigen Gewerbeverlust der Klägerin auf den 31.12.2006 auf ... EUR fest. Die Klägerin erzielte im Streitjahr einen Gewerbeertrag vor Verlustabzug in Höhe von über eine Million EUR (... EUR nach Gesamthandelsbilanz, ... EUR nach Sonderbilanz für die F GmbH), der nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel - wie die Jahre zuvor - allein der Gesellschafterin C KG zugerechnet wurde. Mit Gewerbesteuermessbescheid 2007 vom 21.07.2009 setzte der Beklagte einen Gewerbesteuer-Messbetrag in Höhe von ... EUR fest. Dabei kürzte der Beklagte gemäß § 10a Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) den Gewerbeertrag zunächst um 1 Million Euro und den darüber hinausgehenden Gewerbeertrag zu 60 % (= ... EUR) im Hinblick auf den festgestellten Verlustvortrag auf den 31.12.2006. Gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2007 legte die Klägerin am 20.08.2009 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17.09.2010 zurückwies. Hiergegen richtet sich die Klage vom 20.10.2010. Die Klägerin trägt vor, sie könne die vorgetragenen Verluste wegen ihrer zeitlich und auf einen Film begrenzten Tätigkeit niemals nutzen. Die Klägerin meint, es sei verfassungswidrig, wenn dennoch ein Gewerbesteuer-Messbetrag festgesetzt werde. Der in englischer Sprache produzierte Film habe den erwarteten wirtschaftlichen Erfolg wegen der schlechten Filmkritiken und des Misserfolgs in den US-amerikanischen Kinos nicht erbracht. Künftige Erträge, die ein Aufbrauchen des Verlustvortrages ermöglichen könnten, seien nicht mehr zu erzielen. Erträge aus den Folgejahren (2008 bis 2014) ergäben sich lediglich aus der Auflösung einer im Jahr 2007 gebildeten Abgrenzung eines Teils der in 2007 zugeflossenen Erlöse sowie aus dem Weltvertrieb. Diese Erträge reichten jedoch nicht aus, den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag zu verbrauchen. Es verbleibe ein Verlustvortrag in Höhe von über eine Million Euro. Die Klägerin habe deshalb wegen des Misserfolgs des Films einen Totalverlust erzielt, der nicht zu einer Festsetzung eines positiven Gewerbesteuer-Messbetrags führen dürfe. Sie könne nicht einen anderen Film produzieren, da dann die gewerbesteuerlichen Verluste mangels Unternehmensidentität entfielen. Die Regelung des § 10a GewStG führe bei der Klägerin zu einer echten Substanzbesteuerung, was verfassungswidrig sei. Die Besteuerung von Scheingewinnen, wie sie im Rahmen der Mindestbesteuerung vorgesehen sei, könne zu existenzgefährdenden Eingriffen bei Steuerpflichtigen führen, da typischerweise keine Liquidität zur Zahlung der Steuer vorhanden sei. Im Übrigen sei der Erlass der Gewerbesteuer als Billigkeitsmaßnahme geboten. Dies sei bereits im Rahmen der Festsetzung zu berücksichtigen, da wegen einer Ermessensreduzierung auf Null von vornherein feststehe, dass die Steuer zu erlassen sei. Der Gesetzgeber habe den Verlustabzug lediglich zeitlich strecken, nicht jedoch vollständig untergehen lassen wollen.
Die Klägerin beantragt, den Gewerbesteuermessbescheid 2007 vom 21.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.09.2010 in der Weise zu ändern, dass der Gewerbesteuer-Messbetrag auf 0 EUR festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er meint, die Anwendung der Regelungen des § 10a Sätze 1 und 2 GewStG sei auch im konkreten Fall verfass...