Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung nach § 174 Abs. 4 AO, gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (amtlich)
Die Änderung nach § 174 Abs. 4 AO ermöglicht eine Fehlerkorrektur, ohne dass es auf ein Verschulden des Finanzamtes bei der Beurteilung des Sachverhalts ankommt.
Die Verpflichtung zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung ist objektiv zu verstehen. Sie besteht bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist.
Gewerblicher Grundstückshandel liegt bei der Veräußerung nur eines Wohn- und Geschäftshauses vor, wenn nach einem notariellen Kaufangebot die objektbezogene Bebauungsplanung veranlasst wird, sodann der Kauf und die Bebauung des Grundstücks erfolgt und unmittelbar nach Fertigstellung das Objekt veräußert wird. In diesem Fall kommt einer langfristigen Vermietung und Finanzierung keine durchschlagende Indizwirkung gegen eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht zu.
Die Einbringung von Grundstücken in eine Personengesellschaft gegen Übernahme der darauf ruhenden Verbindlichkeiten kann die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllen.
Normenkette
AO § 174 Abs. 4; EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 14a; GewStDV § 25 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die steuerliche Beurteilung der Veräußerung eines Grundstücks als gewerblicher Grundstückshandel in 1994.
Der Kläger ist Kaufmann und Komplementär der A KG, einer Grundbesitz- und Baugesellschaft. In 1994 hielt der Kläger 45% und ab 1996 95% der Anteile an der KG. Nach den Feststellungen des Beklagten verkaufte die A KG in dem Zeitraum von 1993 bis 1998 insgesamt 9 Grundstücke und gewerbliche Objekte und 16 Wohnungen.
Mit notarieller Annahmeerklärung vom 29.6.1992 erwarb der Kläger das Grundstück X-Straße 1 in B (Grundbuch von B Blatt 2XXX) durch die Annahme eines entsprechenden Verkaufsangebots vom 13.12.1990. Nach dem Vorliegen des Kaufangebots wurde nach den Angaben des Klägers eine objektbezogene Bebauungsplanung für dieses und von dem Kläger ebenfalls erworbene angrenzende Grundstücke veranlasst. In den Jahren 1993 und 1994 ließ der Kläger durch die A KG auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus errichten. Mit notariellem Vertrag vom 8.12.1994 verkaufte der Kläger das Grundstück zum Kaufpreis von 16.200.000 DM. Der Kaufpreis war bis zum 15.12.1994 auf ein Treuhandkonto zu überweisen, über das die Vertragsparteien ab 16.12.1994 nur gemeinsam verfügungsberechtigt waren. Die Übergabe des Grundbesitzes und der Übergang von Nutzungen und Lasten sollten nach dem Kaufvertrag am 16.12.1994 unter der Voraussetzung erfolgen, dass der Kaufpreis vertragsgemäß gezahlt worden war. Der Kläger erzielte durch den Verkauf des Grundstücks einen Gewinn in Höhe von 3.752.799 DM. Mit notariellen Verträgen vom 2.10.1996 brachte der Kläger aus seinem privaten Vermögen drei Grundstücke zu den Anschaffungskosten in die A KG ein. Die A KG übernahm die auf den Grundstücken ruhenden Belastungen und die diesen zugrunde liegenden Darlehensverbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern. Es handelte sich dabei um die Grundstücke Y-Straße 2, vom Kläger erworben am 1.9.1992, Z-Straße 3 und 4, vom Kläger erworben am 22.12.1992 und V-Straße 5, vom Kläger erworben am 14.12.1994.
Der Kläger hatte in seiner am 25.3.1997 eingegangenen Steuererklärung für 1994 und in seiner am 30.7.1997 eingegangenen Steuererklärung für 1995 für das Grundstück X-Straße 1 jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Mit seiner Steuererklärung für 1994 teilte er den Verkauf dieses Grundstücks mit.
Im Jahr 2000 fand bei dem Kläger eine abgekürzte Außenprüfung für die Jahre 1994 bis 1996 statt. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger in 1995 entgegen den für das Grundstück X-Straße 1 steuerlich erklärten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gewerbliche Einkünfte erziele, weil durch die Veräußerung des Objektes gewerblicher Grundstückshandel gegeben sei. Da der Kläger den Kaufpreis 1995 erhalten habe, sei der Veräußerungsgewinn in diesem Jahr bei den gewerblichen Einkünften zu berücksichtigen. Der notarielle Vertrag vom 8.12.1994 über den Verkauf des Grundstücks X-Straße 1 lag dem Betriebsprüfer vor.
Der Beklagte erließ am 27.3.2001 auf der Grundlage der Ergebnisse der Außenprüfung geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1996. Für das Jahr 1994 setzte er die Einkommensteuer auf 0 DM fest und erließ einen Bescheid zum 31.12.1994 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer, in dem er den verbleibenden Verlustabzug nach § 10 d Abs. 3 EStG auf 2.023.210 DM feststellte. Für das Jahr 1995 setzte er die Einkommensteuer auf 47 DM fest. Den vorangegangenen Bescheid zum 31.12.1995 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer hob er nach § 10d Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG auf. Des Weiteren setzte er mit Bescheid vom 27.3.2001 für 1995 den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag auf 181.890 DM und die Gewerbesteuer auf 818.505 DM fest.
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