Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer bei Vermietung von möblierten Zimmern zur gewerblichen Nutzung an Prostituierte - Anforderungen an ordnungsgemäße Kassenbuchführung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vermieter, der möblierte Zimmer zur gewerblichen Nutzung an Prostituierte vermietet, erbringt grundsätzlich eine steuerfreie Leistung i. S. v. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, es sei denn, die Zimmervermietung ist mit weiteren Leistungen derart verbunden, dass diese der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben.
2. Eine ordnungsgemäße Kassenbuchführung liegt nicht vor, wenn die Aufzeichnungen erst am Monatsende und mit Hilfe eines handelsüblichen Excel-Programms erstellt werden. Denn eine Nachvollziehbarkeit des ursprünglichen Inhalts einer erfolgten Buchung ist bei durchgeführten Änderungen nicht mehr durch die Aufzeichnungen selbst gegeben.
3. Schätzung der wöchentlichen Miete für ein Zimmer in einer sogenannten Modellwohnung zur Ausübung der Prostitution.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12, § 9; AO §§ 162, 146 Abs. 1, 4
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die auf der Grundlage hinzugeschätzter Mieteinnahmen festgesetzte Umsatzsteuer.
Die Klägerin ist eine 2011 gegründete Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die im April 2012 die Firma änderte und ihren Sitz vom A nach Hamburg verlegte. Alleiniger Gesellschafter ist der ... B. Mit Beschluss vom ... 2014 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft abgelehnt und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht. Die ehemalige Geschäftsführerin C ist als Liquidatorin eingesetzt worden.
Die Klägerin betrieb seit April 2012 unter der Anschrift X-Straße eine sogenannte Modell-Wohnung, in der sie Zimmer an Prostituierte vermietete. Die Klägerin mietete die Wohnung X-Straße von der damaligen Geschäftsführerin C ab dem 01.04.2012 für monatlich 1.725,50 € incl. Umsatzsteuer. Die Wohnung war mit insgesamt fünf Zimmern ausgestattet, die der Ausübung der Prostitution dienten, dem Eingangsbereich, einer Küche, die auch als Aufenthaltsraum genutzt wurde, sowie einem Bad. Eines der fünf Zimmer hatte eine besondere Ausstattung mit Liebesschaukel und Käfig (Domina-Zimmer). Für jedes der fünf Zimmer gab es an der Eingangstür ein eigenes Klingelschild, die Eingangstür wurde per Kamera überwacht. Die Vermietung der fünf möblierten Wohnräume erfolgte wöchentlich und verlängerte sich jeweils um eine Woche, wenn nicht spätestens drei Tage vor Ablauf der Mietzeit das Mietverhältnis von einer der Parteien gekündigt wurde. Die Miete war wöchentlich am Montag im Voraus in bar zu zahlen. Die Klägerin erstellte wöchentlich Rechnungen über die Miete unter Ausweis der Umsatzsteuer.
Die Wohnung wurde auch vor der Anmietung durch die Klägerin für eine gewerbliche Vermietung von Zimmern an Prostituierte genutzt. Die Einrichtungsgegenstände hatte die Klägerin vom Vormieter übernommen.
Die dort tätigen Frauen boten ihren Service über das Internet jeweils unter Angabe ihrer täglichen Erreichbarkeit in der Wohnung an. Die Dienstleistungen wurden nur nach vorheriger Kontaktaufnahme über die in der Anzeige angegebenen Handynummern erbracht.
In 2013 wurde bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum August 2011 bis Dezember 2012 durchgeführt. Die Betriebsprüfung stellte fest, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Das Kassenbuch werde über eine Excel-Tabelle geführt, eine Kassensturzfähigkeit sei nicht gegeben. Die Belege seien nicht kontiert worden. Mehrere Frauen hätten über das Internet Leistungen unter der Anschrift X-Straße angeboten, ohne dass in der Buchführung Ausgangsrechnungen über die Mieten dieser Frauen vorhanden gewesen seien. Darüber hinaus gäben die in Rechnung gestellten Beträge nicht die tatsächlichen Mieteinnahmen wieder. Die Betriebsprüfung wertete die vom Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen für den Zeitraum April bis Dezember 2012 zur Verfügung gestellten Internet-Inserate aus. Dabei handelte es sich um Ausdrucke der Internet-Seite "XXX.de" (einen für jede Woche des Zeitraums), aus denen sich ergab, welche Frauen an einem bestimmten Tag unter der Anschrift X-Straße ihre Dienste angeboten hatten. Die Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass zwischen 4 und 6 Frauen wöchentlich dort gearbeitet hätten. Die durchschnittliche Zimmermiete setzte die Prüferin mit 420 € pro Woche an und kam so zu Brutto-Mieteinnahmen von ... €.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und schätzte einen Netto-Umsatz von insgesamt ... € hinzu, der gemäß den Einzelfeststellungen der Betriebsprüfung auf die Voranmeldezeiträume verteilt wurde. Auf dieser Grundlage erließ der Beklagte geänderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für April bis Dezember 2012.
Am ... legte die Klägerin gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide Einsprüche ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 08.08.2014 als unbegründet zurückwies.
Am ... hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Zweck des beabsichtigten K...