Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Betriebsaufgabe bei verpachtetem Bäckereibetrieb
Leitsatz (amtlich)
Die Möglichkeit, den Betrieb wieder aufzunehmen, kann auch dann bestehen bleiben, wenn der Betriebsinhaber den Betrieb an einen anderen Unternehmer verpachtet. Voraussetzung für eine Betriebsunterbrechung in Abgrenzung zur Betriebsaufgabe ist dann, dass entweder der Betrieb im Ganzen als geschlossener Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebes verpachtet werden, so dass der Pächter den Betrieb im Wesentlichen fortsetzen kann. Bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie bei Hotel- und Gaststättenbetrieben bilden regelmäßig die gewerblich genutzten Räume, die dem Handelsgewerbe das Gepräge geben, die wesentliche Betriebsgrundlage
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Streitjahr eine (Zwangs)Betriebsaufgabe vorliegt.
Die Klägerin - eine gelernte Konditorin - ist Eigentümerin des Grundstücks C in H.
Auf dem Grundstück betrieb der Vater der Klägerin bis 1976 in dem Gebäude C eine Bäckerei.
Im November 1976 verpachteten der Vater der Klägerin und der damalige Miteigentümer des Grundstücks den Bäckereibetrieb einschließlich des Inventars für die Dauer von zunächst zehn Jahren an den Bäckermeister S. Gemäß § 2 Abs. 3 des Pachtvertrages war der Pächter verpflichtet, ausfallende Inventarstücke auf eigene Kosten zu ersetzen, wobei die angeschafften Ersatzstücke in das Eigentum des Pächters übergehen sollten. Während der Pachtzeit schaffte Herr S einen Backofen, eine Gärkammer und weitere Maschinen neu an. Aus dem ursprünglichen Inventar waren am Ende der Pachtzeit noch ein Tisch und zwei Anschlagmaschinen vorhanden.
Nach Auslaufen des Pachtvertrages mit Herrn S verpachteten der Vater der Klägerin und die Rechtsnachfolgerin des früheren Miteigentümers den Bäckereibetrieb im Januar 1989 für die Dauer von zunächst zehn weiteren Jahren an den Bäckermeister A. In § 1 Abs. 3 des Vertrages wurde der Pächter A darauf hingewiesen, dass das vorhandene Inventar bis auf einen Tisch und zwei Anschlagmaschinen im Eigentum des Vorpächters stünden.
Eine Betriebsaufgabeerklärung gab der Vater der Klägerin zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Beklagten ab.
Im September 1998 übertrugen die Eltern der Klägerin das Grundstück C, das sich nunmehr im Alleineigentum der Eltern befand, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Klägerin. Der Vertrag wurde als Grundstücksüberlassungsvertrag über bebauten Grundbesitz nebst verpachtetem Grundbesitz bezeichnet. Im Einzelnen wurde ausgeführt, dass das Grundstück zu 45,6 % der gewerblichen Nutzung des verpachteten Gewerbebetriebes der Eltern der Klägerin gedient habe. In § 4 Abschnitt B) lit. a) des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, den Betrieb zu Lebzeiten der Eltern nicht aufzugeben, sondern gewerbemäßig fortzuführen. Eine Betriebsaufgabe sollte nur mit schriftlicher Zustimmung der Eltern zulässig und das Grundstück im Falle der Zuwiderhandlung unentgeltlich an die Eltern zurückzuübertragen sein.
Die Klägerin führte den Pachtvertrag mit dem Pächter A bis zum 31.12.1998 fort. Dieser nutzte die Backstube noch am Silvestertag 1998.
Ab dem 01.01.1999 vermietete die Klägerin von dem Gebäude C ca. 90 qm Ladenfläche mit Nebenraum zum Zwecke des Betriebes eines Bäckereifachgeschäftes an Herrn Sch.
Die Fläche der ehemaligen Backstube von ca. 85 qm vermietete die Klägerin ab dem 01.04.1999 an die W GbR zum Zwecke des Betriebes eines Weinhandels. Hierfür wurden im Frühjahr 1999 der Backofen aus der Backstube entfernt, die Ölleitungen für die Heizung des Backofens abgeklemmt und der Türdurchgang zwischen der Backstube und der vorderen Ladenfläche mit Nebenraum zugemauert.
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 10.10.2003 erklärte der Beklagte die Steuerfestsetzung gegenüber der Klägerin und dem mit ihr zusammen veranlagten Ehemann hinsichtlich der Höhe der Einkünfte aus dem Grundstück C für vorläufig. Auf den hiergegen erhobenen Einspruch vom 07.11.2003 (Eingang beim Beklagten) erging am 18.12.2003 ein weiterer Änderungsbescheid, mit dem hinsichtlich des Grundstücks C ein Betriebsaufgabegewinn der Klägerin in Höhe von 700.000 DM festgesetzt wurde.
Gegen diesen gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Einspruches vom 07.11.2003 gewordenen Bescheid wendeten sich die Klägerin und ihr Ehemann wie folgt: In 1998 könne der Gewerbebetrieb nicht aufgegeben worden sein, da bereits in 1989 eine Zwangsbetriebsaufgabe erfolgt sei. Denn dem Pächter A seien durch die damaligen Verpächter nicht mehr alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Bäckereibetriebes überlassen worden. Diese seien vielmehr in Gestalt des Backofens und der Gärkammer durch den Vorpächter S ausgetauscht worden und in das Eigentum des Vorpächters übergegangen. Dem Pächter A sei damit durch die Verpächter nur noch ein Grundstück überlassen worden. Ein Wahlrecht zwischen Betriebsunterbrechung und Betriebsaufg...