Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Erhebung des Antidumpingzolls ab dem Zeitpunkt der zollamtlichen Erfassung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Abstellen auf den Zeitpunkt der zollamtlichen Erfassung und nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei der Erhebung des Antidumpingzolls (hier nachfüllbare Taschenfeuerzeuge) verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wirksam werdende Einführungen oder Erhöhungen von Einfuhrabgabensätzen fallen unter das kaufmännische Risiko des Einführers, der sich durch geeignete vertragliche Gestaltungen gegen dieses Risiko absichern kann.

 

Normenkette

EGV 384/96 Art. 13, 14 Abs. 5; VO (EG) Nr. 971/98 Art. 2; EGV 192/99 Art. 1 Abs. 3; VO (EG) Nr. 192/99 Art. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.03.2006; Aktenzeichen VII B 99/05)

 

Tatbestand

Am 05. August 1998 ließ der Kläger bei der Abfertigungsstelle des Hauptzollamtes Hamburg-Waltershof (mit Ablauf des 31.03.2001 umbenannt in Hauptzollamt Hamburg-Hafen) 640.000 Stück "nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein mit einem durchschnittlichen Wert pro Stück Freigrenze der Gemeinschaft, unverzollt, von weniger als 0,5 ECU" mit Ursprung in der Volksrepublik China unter der Warennummer 9613 2090 00 0 zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anmelden (Zollanmeldung ...98/5). Die der Zollanmeldung beigefügte Handelsrechnung der A Import-Export, Berlin vom 31. Juli 1998 wies für 200.000 Stück Feuerzeuge einen Stückpreis in Höhe von 0,12 DM und für 440.000 Stück Feuerzeuge einen Stückpreis in Höhe von 0,09 DM aus. Die Abfertigungsstelle überführte die angemeldeten Feuerzeuge antragsgemäß in den zollrechtlich freien Verkehr, wobei es die Feuerzeuge innerhalb der angemeldeten Unterposition der Codenummer 9613 2090 10 0 zuwies. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 06. August 1998 erhob sie vom Kläger unter Anwendung der für Waren der Codenummer 9613 2090 10 0 mit Ursprung in China vorgesehenen Abgabensätze für Zoll-Euro und Einfuhrumsatzsteuer 2.244,22 DM Zoll-Euro und 10.674,38 DM Einfuhrumsatzsteuer.

Mit Steueränderungsbescheid vom 15. Oktober 1999 setzte das Hauptzollamt Hamburg-Waltershof für die vom Kläger angemeldeten Feuerzeuge nachträglich einen Antidumpingzoll in Höhe von 0,13 DM/Stück fest und forderte von ihm insgesamt 83.200 DM Antidumpingzoll nach. Gegen diesen Steueränderungsbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 01. November 1999 Einspruch ein, den der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 07. Oktober 2003 als unbegründet zurückwies. Hiergegen richtet sie die fristgerecht erhobene Klage vom 13.11.2003, zu deren Begründung der Kläger u.a. Folgendes vorträgt:

Die Ausweitung des Antidumpingzolls auf nicht nachfüllbare Feuerzeuge sei erst durch die am 25. Januar 1999 veröffentlichte Verordnung (EG) Nr. 192/99 erfolgt. Es fehle deshalb an einer Rechtsgrundlage für die Erhebung von Antidumpingzoll für vor diesem Veröffentlichungszeitpunkt getätigte Einfuhren.

Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und das Rechtsstaatsprinzip stünden einer rückwirkenden Anwendung der Verordnung (VO) Nr. 192/99 entgegen, denn für den einführenden Händler sei bei der Einfuhr nicht erkennbar gewesen, dass die von ihm eingeführte Ware mit einem Antidumpingzoll belegt werden würde. Der Bezug auf die zollamtliche Erfassung (ab dem 09. Mai 1998) gem. Art. 2 VO (EG) Nr. 971/98 sei unzulässig. Diese VO sei knapp zwei Monate vor der Zollabfertigung im Hamburger Hafen (05.08.1998) veröffentlicht worden. Wegen der vorangegangenen geschäftlichen Dispositionen und des Transportlaufes hätte man, wenn man nachträglich einen Antidumpingzoll hätte erheben wollen, zumindest auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Importvereinbarung abstellen müssen und nicht auf den Zeitpunkt der Auslieferung in Hamburg. Darüber hinaus stelle die dem Kläger telefonisch erteilte Auskunft, dass kein Antidumpingzoll zu erheben sei, durchaus eine Verbindlichkeit der Zollbehörde dar.

Der Kläger beantragt, den Steueränderungsbescheid des Hauptzollamtes Hamburg-Waltershof vom 15.10.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 07.10.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist auf seine Einspruchsentscheidung, worauf Bezug genommen wird. Ergänzend trägt er u.a. Folgendes vor:

Gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot sei nicht verstoßen worden, weil das Antidumpingrecht die rückwirkende Ausweitung von Antidumpingzöllen in Fällen wie dem vorliegenden, in dem sich der Verdacht der Umgehung einer bereits bestehenden Antidumpingmaßnahme im Rahmen einer Untersuchung bestätigt habe, ausdrücklich vorsehe (Art. 13 der VO (EG) Nr. 384/96).

Mit der VO (EG) Nr. 3433/91 sei bereits ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von nicht nachfüllbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas des KN-Codes 9613 10 00 aus China eingeführt worden. Die mit der VO (EG) Nr. 971/88 eingeleitete Untersuchung habe die im Zeitpunkt der Einleitung vorhanden gewesenen An...

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