Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbleibensvoraussetzung bei Überführung des Wirtschaftsguts in einen anderen Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Verbleibensvoraussetzungen des § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG grundsätzlich nicht erfüllt sind, wenn der Steuerpflichtige das angeschaffte Wirtschaftsgut vor Ablauf des einjährigen Verbleibenszeitraums in einen anderen - wenn auch eigenen - Betrieb überführt.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 2, 2 Nrn. 2, 2a
Tatbestand
I.
Der Antragsteller (Ast.) war bis 1998 selbständiger Steuerberater. Im Juli 1997 hatte er einen neuen PKW für seine Praxis angeschafft. Hierfür beantragte er im Streitjahr 1997 die Gewährung einer Sonderabschreibung gemäß § 7 g Abs. 1, 2 Nr. 2 EStG in Höhe von … DM. Der Antragsgegner (FA) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der PKW sei mit der Paxisveräußerung zum 31.03.1998 nicht mindestens ein Jahr „in einer inländischen Betriebsstätte des begünstigten Betriebs verblieben”. Die „Verbleibensfrist” habe erst im Juni 1998 geendet.
Der Ast. beantragt.
die Aussetzung der Vollziehung der am 2.05.2000 fällig gewordenen Steuer in Höhe von … DM bezüglich des Steuerbescheides für 1997 vom 30.03.2000.
Das FA beantragt.
den Antrag abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – soll das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes u. a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben den für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Umständen gewichtige gegen seine Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. z. B. Beschlüsse vom 12. Nov. 1992 XI B 69/92. BStBl II 1993, 263, und vom 3. Febr. 1993 I B 90/92. BStBl II 1993, 426, jeweils m.w.N.). Dabei genügt es, daß der Erfolg des Rechtsbehelfs in dem summarischen Verfahren ebensowenig auszuschließen ist wie sein Mißerfolg (vgl. BFH-Beschluß vom 14. Nov. 1989 VII B 124/89, BFH/NV 1990, 279 m.w.N.).
In diesem Sinne ergeben sich bei überschlägiger Prüfung der Sach- und Rechtslage im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen ESt-Bescheides.
Nach § 7 g Abs. 1, 2 EStG kann die Sonderabschreibung für die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes nur in Anspruch genommen werden, wenn das betreffende Wirtschaftsgut „mindestens ein Jahr” nach seiner Anschaffung in einer inländischen Betriebsstätte des begünstigten Betriebs verbleibt. Verbleiben bedeutet, daß das Wirtschaftsgut während der Jahresfrist das Betriebsvermögen (Anlagevermögen) des Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verlassen darf. Es setzt eine dauerhafte räumliche Beziehung zu dem begünstigten Betrieb voraus.
Hieraus folgt, daß die Verbleibensvoraussetzungen grundsätzlich nicht erfüllt sind, wenn der Steuerpflichtige das angeschaffte Wirtschaftsgut vor Ablauf des einjährigen Verbleibenszeitraums veräußert, vermietet oder verpachtet oder in einen anderen Betrieb, in eine ausländische Betriebsstätte, in das Umlaufvermögen oder in das Privatvermögen überführt (vgl. R 83 (6) EStR 1999: ebenso Drenseck in Kommentar Schmidt. § 7 g Anm. 8. Kommentar Littmann-Bitz-Hellwig. § 7 g Anm. 35 (5); Kommentar Hermann-Heuer § 7 g Anm. 59 ff; Brandis in Kommentar Blümich. § 7 g Anm. 39). Schädlich ist demnach auch, wenn das Wirtschaftsgut von einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen wechselt.
So liegen die Voraussetzungen im Streitfall: Den im Juli 1997 für den Betrieb „Steuerberaterpraxis” angeschafften PKW hat der Ast. mit der Praxisveräußerung zum 31.03.1998 aus dem Betriebsvermögen entnommen und seinem neuen „Betrieb” zugeführt. Die Tätigkeit in diesem neuen Betrieb bestand – nach Aussage des Ast. – darin, den Praxisnachfolger einzuarbeiten und – in geringem Umfang – für ihn zu arbeiten. Der Ast. ist damit zwar, wenn auch geringfügig und nicht mehr eigenverantwortlich, weiterhin steuerberatend tätig gewesen. Jedoch in einem neuen anderen Betrieb. Mit der Überführung des streitigen PKW in diesen Betrieb ist ein schädlicher Wechsel eines zum ursprünglichen Anlagevermögen gehörenden Wirtschaftsgutes vollzogen worden. Denn die Sonderabschreibung ist betriebsbezogen und nicht personenbezogen. Da der Wechsel vor der erst im Juni 1988 endenden Verbleibensfrist erfolgt ist, hat das FA die begehrte Vergünstigung zu Recht versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 509849 |
DStRE 2000, 1235 |
NWB 2000, 3812 |