Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug
Leitsatz (redaktionell)
1) Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 KStG gebieten es, unter dem Betriebsvermögen i. S. der Vorschrift nur das Aktivvermögen zu verstehen.
2) Der Begriff der Sanierung in § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG ist im wesentlichen ebenso zu verstehen wie in § 3 Nr. 66 EStG (a.F.). Unbenannte Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG ist demnach die unternehmensbezogene Sanierungseignung.
3) Bei Verlust der wirtschaftlichen Identität ist der Abzug der Verluste zu versagen, die bis zum Eintritt des Identitätsverlustes entstanden sind. Dies ist erst dann der Fall, wenn die schädliche Anteilsübertragung und die Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen erfolgt ist. Das Abzugsverbot erstreckt sich auch auf Verluste, die nach der Übertragung der Geschäftsanteile, aber vor der schädlichen Betriebsvermögenszuführung entstanden sind.
4) Die Regelung über die zeitliche Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG in § 54 Abs. 6 KStG ist weder i.S. einer Nichtanwendung verfassungskonform auszulegen noch sonst verfassungswidrig.
5) § 8 Abs. 4 KStG in der ab VZ 1997 geltenden Fassung ist auch dann anwendbar, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Indentität i.S. der verschärfenden Neuregelung bereits vor dem 1.1.1997 eingetreten ist.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 4, § 54 Abs. 6
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen eines Verlustabzugsverbotes gemäß § 8 Abs. 4 KStG in der durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590) geänderten Fassung – n.F. – bei der Klägerin vorliegen und ob diese Neufassung nach der dazu ergangenen Übergangsvorschrift in § 54 Abs. 6 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Beitragszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 (BGBl I 1997, 3121) – n.F. – im Streitjahr auf die Klägerin anzuwenden ist.
Unternehmensgegenstand der mit Vertrag vom 1.3.1993 unter der Firma B-GmbH gegründeten Klägerin war der Handel mit Betonbearbeitungsmaschinen und die Wartung von Betonbearbeitungsmaschinen. Die Gründungsgesellschafter Herr A, Herr B und Herr C waren mit je 1/3 am Stammkapital in Höhe von 51.000 DM beteiligt. Geschäftsführer war zunächst Herr A. Den anderen Gesellschaftern wurde jeweils Prokura erteilt.
Mit notariellem Vertrag vom 24.5.1994 veräußerten die Gesellschafter A und B ihre Anteile an der Klägerin zum Kaufpreis von 1.000 DM beziehungsweise 5.000 DM an Herrn C. Die Anteilsübertragung erfolgte gemäß § 3 des Vertrages mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1.1.1994. Mit der Veräußerung der Anteile beendeten Herr A und Herr B auch ihre Tätigkeiten für die Klägerin. Herr C bestellte sich ebenfalls am 24.5.1994 zum alleinigen Geschäftsführer.
Am 19.12.1995 hielt Herr C in den Räumen des Notars S eine Gesellschafterversammlung ab, deren Beschlüsse in notarieller Urkunde vom selben Tag wie folgt niedergelegt sind:
„1. Der Name der Gesellschaft wird geändert. Die Firma der Gesellschaft lautet nunmehr: „IB-GmbH”.
2. Der Sitz der Gesellschaft wird von K nach S verlegt….
3. Der Zweck der Gesellschaft wird geändert. Gegenstand des Unternehmens ist:
- der Handel mit Baustoffen aller Art
- der Handel mit Stahlfasern
- die Vermietung von technischen und Büroeinrichtungsgegenständen
- die Vermietung von Fahrzeugen und Maschinen aller Art.”
Der Gesellschaftsvertrag wurde entsprechend neu gefasst. Die Änderungen wurden am 21.2.1996 ins Handelsregister eingetragen.
Der beim Beklagten eingereichte Jahresabschluss für 1994 enthielt als Anlage eine Chronologie der Fa. B-GmbH in der es u.a. heißt:
„…
Die Firma wurde vom 1.3.1993 bis 31.12.1993 aufgrund des Wettbewerbs und nicht zu erzielender Verkaufspreise mit nur mäßigem Erfolg geführt. Viele Umsätze wurden nur durch Vermittlung der Fa. J-GmbH möglich.
Ende 1993 – Änderung der Eigentumsverhältnisse bei der holländischen Herstellerfirma „B-International” und damit verbundene geänderte Verkaufsstrategien des Herstellerwerkes, Änderung der Einkaufspreise etc.. Aufgrund der damit verbundenen weiteren noch schwächeren Marktchancen wurde beschlossen, die Firma nicht weiter zu betreiben,….
Nach der Übernahme der Geschäftsanteile durch Herrn C ruhte die Firma weitgehends und es wurde seitens Herrn c überlegt und geprüft, ob es noch Sinn hatte, die Firma B mit gleichem Geschäftszweck und Namen weiterzuführen.
Ergebnis: keine Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
Es wurden Gesellschafterdarlehen zwecks Erhalt der Firma notwendig.
Somit wurde nach reiflicher Überlegung und rechtsanwaltlicher Beratung am 19.12.1995 der Name, der Sitz und der Geschäftszweck per Notarvertrag geändert….
Ab März/April 1996 werden Umsätze durch den neuen Geschäftszweck angestrebt.”
Im Jahr 1993 erzielte die Klägerin bei Umsatzerlösen von … DM einen Verlust in Höhe von … DM. Der Personalaufwand betrug hierbei … DM und entfiel in Höhe von … DM auf den damaligen Geschäftsführer. Die Bilanz zum 31.12.1993 wies nach Abzug eines Fehlbetrages von … DM Aktivvermögen in Höhe von … DM aus...