Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine konzernbezogene Betrachtungsweise im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG bei aus konzerninternem Cash-Pooling erzielten Zinsen
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG ist jeweils allein auf den einzelnen Betrieb i.S. eines Gewinnermittlungssubjekts abzustellen (betriebsbezogene Betrachtung).
2) Hat der Stpfl. mehrere Betriebe oder ist er an mehreren PersG beteiligt, ist der Schuldzinsenabzug für jeden Betrieb bzw. MU-Anteil eigenständig zu ermitteln.
3) Eine konzernbezogene Betrachtungsweise bei aus konzerninternem Cash-Pooling erzielten Zinsen kommt danach im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4a
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von im Rahmen eines konzerninternen Cash-Poolings gezahlter Zinsen im Rahmen des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2002 unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seinem Einzelunternehmen, dem O (Einzelunternehmen). Das Einzelunternehmen selbst übte in den Streitjahren nur noch Holdingfunktionen aus. Im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens wurden unter anderem 100% der Anteile der W AG (W AG) (an der zusätzlich eine atypisch stille Beteiligung von 99,9% bestand), 100% der Anteile an der G GmbH (G) und 100% der Anteile an der Q GmbH (Q) gehalten. Mit der G und der Q bestanden jeweils Ergebnisabführungsverträge mit Wirkung ab dem 01.01.2002.
Mit der W AG, der G und der Q (Tochtergesellschaften) wurden in Zeiträumen vor den Streitjahren jeweils zeitlich unbefristete sog. Cash-Management-Verträge geschlossen. Danach sollte jeweils ein etwaiges Haben-Saldo auf dem Konto der Tochtergesellschaft tagesgleich auf das Konto des Einzelunternehmens transferiert und ein etwaiges Soll-Saldo der Tochtergesellschaft tagesgleich durch das Einzelunternehmen ausgeglichen werden. Es wurde zudem eine monatlich berechnete Verzinsung der gegenseitigen Kontokorrentforderungen mit 1,5% unter dem Zinssatz für Offen-Markt-Geschäfte der Deutschen Bundesbank vereinbart. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Cash-Managementverträge vom 07.03.1995 (G), 22.11.1999 (W) und 07.01.1994 (Q) (Bl. 25-32 d. FG-Akte) verwiesen.
Laut Kontenblätter betreffend die Zinsaufwendungen des Einzelunternehmens für kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen (Bl. 24 d. FG-Akte) ergeben sich für das Streitjahr folgende Zinsaufwendungen hinsichtlich der einzelnen Tochtergesellschaften aufgrund der Cash-Management-Verträge:
Q: |
10.040,50 € |
W AG: |
318.174,30 € |
G: |
68.965,30 € |
Sonstige: |
1.531,21 € |
Gesamt: |
398.711,43 € |
Im Rahmen einer Außenprüfung u.a. der Einkommensteuerveranlagungen 2000-2004 und 2005-2008 ermittelte der Betriebsprüfer des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C in den Prüfungsberichten vom 07.02.2008 bzw. 25.07.2008 (2000-2004) und 30.03.2011 (2005-2008) unter anderem Hinzurechnungsbeträge für nicht abziehbare Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG. Dabei wurden Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG für das Einzelunternehmen für das Streitjahr 2002 wie folgt ermittelt:
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2002 |
Einlagen (+)/Entnahmen (-) |
-13.997.471 € |
Positiver Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 4a lfd. Wj. |
15.967.415 € |
(-) verbleibende Überentnahme Vorjahr |
-4.083.655 € |
Unterentnahmen (+)/ Überentnahmen (-): |
-2.113.711 € |
Auf dieser Grundlage ermittelte die Betriebsprüfung Hinzurechnungsbeträge für nicht abziehbare Schuldzinsen in folgender Höhe:
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2002 |
Schuldzinsen (ohne Investitionsdarlehen) |
402.214 € |
abzgl. Sockelbetrag (maximal 2.050 €) |
-2.050 € |
Höchstbetrag |
400.164 € |
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6% der Überentnahmen |
126.823 € |
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Hinzurechnungsbetrag |
126.823 € |
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage 6 zu den Änderungen zum BP-Bericht für die Jahre 2000-2004 vom 25.07.2008 (BP-Akte 2000-2004) verwiesen.
Mit Datum vom 07.03.2008 erließ der Beklagte unter Auswertung des Betriebsprüfungsberichts vom 07.02.2008 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002 und erhöhte dabei die der Festsetzung zugrundeliegenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers um einen Hinzurechnungsbetrag wegen nichtabziehbarer Schuldzinsen von 194.626 €.
Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, mit dem sie sich – neben weiterer Streitpunkte – ausdrücklich gegen die Hinzurechnung von Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i.H.v. 194.626,00 € wandten. Nachdem der Betriebsprüfungsbericht mit Datum vom 25.07.2008 hinsichtlich der Berechnung des Hinzurechnungsbetrages angepasst wurde, änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid mit Datum vom 16.09.2008 entsprechend ab und berücksichtigte Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers in Höhe von 15.927.996 €, in denen nunmehr 126.823 € als nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbare Zinsen enthalten waren.
Die Kläger hielten ihren Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2002 auch nach Ergehen des Änderungsbescheides vom 16.09.2008 u.a. hinsichtlich der Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen aufrecht. Wege...