Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung finaler Verluste
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 3c Abs. 1 EStG aufgrund unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs mit steuerfreien Einnahmen gilt auch bei steuerfreien Einnahmen aufgrund eines DBA und vergeblichen vorweggenommenen Betriebsausgaben.
2) Die Nichtberücksichtigung eines finalen Verlusts aus einer beabsichtigten Eröffnung einer Freistellungsbetriebsstätte verstößt gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit.
3) An die Frage, wann ein finaler Verlust gegeben ist, dürfen keine nicht erfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Allein die theoretische Möglichkeit, dass später erneut eine Betriebsstätte in dem ausländischen Staat gegründet wird und in dieser die früheren Verluste berücksichtigt werden könnten, schließt die Berücksichtigung im Inland nicht aus.
Normenkette
EGV Art. 43, 48; AEUV Art. 54; EStG § 3c Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob vergebliche Aufwendungen der Klägerin für den Erwerb von Ferienwohnungen in Belgien in Deutschland steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin ist eine im Inland ansässige GmbH. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.
Die Klägerin schloss am 15. August 2006 mit der Firma A BV, Niederlande (im Folgenden „BV” abgekürzt) einen Vertrag über den Kauf von 21 Ferienpark-Chalets in Belgien zum Preis von insgesamt über 1 Mio. EUR. Die Wohnungen sollten an Feriengäste vermietet werden. Wegen des diesem Kauf zugrunde liegenden Konzepts wird auf den Konzeptbericht der niederländischen Steuerverwaltung vom 25.1.2010, der in Übersetzung dem Protokoll über die mündliche Verhandlung beigefügt ist, Bezug genommen. Nach Nr. 6 des Kaufvertrags musste spätestens am 25. August 2006 eine Anzahlung von 300.000 EUR erfolgen. Spätestens am 31. Oktober 2006 musste die notarielle Beurkundung in Bezug auf die Übertragung der Chalets erfolgen und die Restsumme von über 1 Mio. EUR auf das Bankkonto der Verkäuferin überwiesen werden. In Nr. 7 wurde bestimmt, dass bei nicht rechtzeitiger Erfüllung der Vertrag nicht mehr gültig sein sollte. Die Anzahlung von 300.000 EUR verfiel und konnte nicht zurückgefordert werden bzw. war als Schadensersatz zu leisten. Wegen der Einzelheiten wird auf den in niederländischer Sprache vorliegenden Vertrag Bezug genommen (Bl. 136 ff. der Prüferhandakten).
Die Klägerin zahlte am 25. August 2006 300.000 EUR an die Verkäuferin. Den Betrag erfasste sie in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2006 unter der Position „geleistete Anzahlungen auf Vorräte”.
Die Klägerin nahm in der Folge Abstand von dem Erwerb der Ferienwohnungen, so dass es nicht zur notariellen Beurkundung des Übertragungsvertrags kam. Im Jahresabschluss 2007 buchte sie die 300.000 EUR über „außerordentliche Aufwendungen” aus.
Der Beklagte führte bei der Klägerin für die Jahre 2006-2008 eine Außenprüfung durch. Dabei wurde der vorstehende Sachverhalt festgestellt. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen nicht steuermindernd zu berücksichtigen und der Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheid 2007 entsprechend zu ändern seien.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ im Anschluss hieran Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer 2006-2008, gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2007 und 31.12.2008, Gewerbesteuermessbescheide 2007 und 2008 sowie gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 und 31.12.2008.
Die hiergegen von der Klägerin eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.6.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
Dem Betriebsausgabenabzug der strittigen Aufwendungen stehe § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 3c Abs. 1 EStG entgegen. Die Klägerin habe die Aufwendungen als Anzahlung für Ferienwohnungen in Belgien getätigt. Im Falle einer erfolgreichen Umsetzung des Projektes hätte Belgien das Besteuerungsrecht für die Vermietungseinkünfte zugestanden. In Deutschland wären die Einkünfte unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gewesen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs führe auch eine sich aus einem DBA ergebende Steuerfreiheit zu Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG.
Die Nichtberücksichtigung des Verlustes stelle keinen Verstoß gegen europäisches Recht dar. Im Streitfall sei die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls (die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis, die Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung und die Steuerfluchtgefahr) gerechtfertigt. Es stehe der Klägerin frei, in Belgien eine Verlustfeststellung zu beantragen und gegebenenfalls eine Verrechnung mit späteren Gewinnen aus einer etwaigen dortigen Investition vornehmen zu lassen.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
Sie habe weder vorher noch nachher die Absicht gehabt, in Belgien geschäftlich tätig zu werden. Deshalb scheide ...