Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung des Solidaritätszuschlags in 2007 verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Solidaritätszuschlagsgesetz ist formell verfassungsgemäß zu Stande gekommen, insbesondere hatte der Bund gem. Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 1 Nr. 6 GG die Gesetzgebungskompetenz, da der Solidaritätszuschlag eine Steuer ist.
2) Es handelt sich bei der Bezeichnung des Solidaritätszuschlags um keine verfassungsrechtlich bedeutsame Täuschung, die zu einer Verfassungswidrigkeit führen könnte.
3) Eine Dauer der Erhebung von mehr als 10 Jahren ist für eine Ergänzungsabgabe mit den Grundsätzen einer geordneten föderalen Finanzverfassung noch vereinbar, a.A. FG Niedersachsen v. 25.9.2009 - 7 K 143/08. Der Begriff der Ergänzungsabgabe besagt lediglich, dass die Abgabe in einer gewissen Akzessorietät zu den auf Dauer angelegten Steuern stehen soll. Wegen der erheblichen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den neuen und alten Bundesländern können weitaus längere Laufzeiten vorgesehen werden als 10 Jahre. Diese Grenze ist nicht sachlich begründet.
4) Eine offene Einbeziehung des Solidaritätszuschlags in die regulären Steuern ist politisch zwar wünschenswert, aber nicht justiziabel.
5) In der Erhebung des Solidaritätszuschlags zugunsten allein des Bundes liegt keine unzulässge Verschiebung der Finanzordnung.
6) Der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5% überschreitet auch nicht die zulässige Höhe einer Ergänzungsabgabe.
Normenkette
GG Art. 106 Abs. 1 Nr. 6, Art. 105 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages für das Jahr 2007.
Die Klägerin gab im Dezember 2008 ihre Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2007 beim Beklagten ab und wurde mit Bescheid vom 20. Januar 2009 erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer und zum Solidaritätszuschlag veranlagt. Die Körperschaftsteuer betrug … EUR, der Solidaritätszuschlag … EUR.
Die Klägerin wandte sich mit fristgerechtem Einspruch vom 18. Februar 2009 ausschließlich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlages. Zur Begründung trug sie vor, dass der Solidaritätszuschlag spätestens seit dem Veranlagungszeitraum 2002 eine verfassungswidrige Sondersteuer darstelle. Unter Bezugnahme auf das Klageverfahren beim Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen – Az. – 7 K 143/08, das ebenfalls das Jahr 2007 betrifft, beantragte die Klägerin das Ruhen des Einspruchsverfahrens.
Der Beklagte lehnte unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 11. Februar 2008 zu Az. 2 BvR 1708/06 zum Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum 2002 und unter Auseinandersetzung mit den anhängigen Verfahren beim Niedersächsischen Finanzgericht und beim Bundesfinanzhof – BFH – ein Ruhen des Verfahrens ab (Schreiben vom 24. Februar 2009).
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 2009 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Im Hinblick auf die erklärungsgemäße Veranlagung befasst sich die Einspruchsentscheidung nahezu ausschließlich mit der Frage, ob ein Ruhen des Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung – AO – gesetzlich angeordnet oder nach anderen Regelungen des § 363 AO zweckmäßig sei. Der Beklagte verneinte dies. Wegen der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 23. April 2009 erhobenen Klage. Mit ihr verfolgt sie primär das Ziel der Aufhebung der Festsetzung des Solidaritätszuschlages. Hilfsweise verfolgte sie zunächst die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung in dem Verfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht.
Zu Begründung führt die Klägerin aus, dass es sich bei dem Solidaritätszuschlag um eine normale Steuer handele, was bedeute, dass alle Argumente gegen den Solidaritätszuschlag, die auf seiner angeblichen Eigenschaft als Sonderabgabe beruhten, keinen Erfolg haben könnten. Unter Darstellung der Gesetzgebungsgeschichte und der bisherigen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages kommt die Klägerin zu der Feststellung, dass das BVerfG sich bisher sachlich und inhaltlich nicht mit der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 – SolzG – befasst habe.
Die Klägerin bestreitet nicht, dass das SolzG in formell verfassungsgemäßer Weise durch Beteiligung von Bundestag und Bundesrat zustande gekommen ist. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG zur Vermögensteuer (Halbteilungsgrundsatz) und eine frühere Entscheidung des BVerfG, wonach eine Ergänzungsabgabe in Höhe von 3% keine verfassungsrechtlichen Bedenken auslöse, vertritt sie die Auffassung, dass der Solidaritätszuschlag in seiner aktuellen Höhe von 5,5% die Unbedenklichkeitsgrenze überschritten habe. Der Staat habe in verfassungsrechtlich relevanter Weise seine Bürger über den eigentlichen Charakter des Solidaritätszuschlages als allgemeine Steuer getäuscht, indem er den Solidaritätszuschlag ...