Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung auf Orientteppiche
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Teilwertabschreibung in Höhe von pauschal 25% auf nicht einzeln bewertete, sondern in Partien zusammengefasste Orientteppiche war in 2000 nicht wegen dauernder Wertminderung zulässig, weil zum einen eine Einzelbewertung jedes einzelnen Teppichs notwendig gewesen wäre und zum anderen sich im Streitfall aus Einzelverkäufen in hinreichend vielen Fällen kein niedrigerer Verkaufspreis als der Einstandspreis ergab.
2) Eine allgemein verschlechterte Wirtschaftslage und ein gesunkenes Interesse von Käufern an Orientteppichen rechtfertigen keine Teilwertabschreibung auf den gesamten Warenbestand.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 3; EStG § 5 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
BFH (Aktenzeichen X B 43/11) |
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung bei Orientteppichen.
Der 1935 geborene Kläger ist iranischer und deutscher Staatsbürger und betreibt seit Jahren an wechselnden Betriebsstätten den Handel mit Orientteppichen. Anfang 1998 verlegte er sein Geschäft mit den vorhandenen Waren in das Ladenlokal an der B-Straße … in A und kaufte von der dort zuletzt ansässigen D. und D. Orientteppich Handels GmbH deren Warenbestand für ca. 1,5 Mio. DM (etwa 1.500 Teppiche) hinzu.
Bei der Anfertigung der Steuererklärungen wirkte seit 1995 der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer C aus E mit, der den Kläger bis kurz vor seinem plötzlichen Tode im vorliegenden Verfahren vertreten hat. Die laufende Buchführung übernahm eine Buchhalterin. Alle Aufzeichnungen sind in handschriftlicher Form geführt.
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Jeder eingekaufte Teppich wurde im Konto „Waren” mit den Anschaffungskosten erfasst und konnte durch seine fortlaufende Nummer, die Herkunftsbezeichnung (Provenienz), die Anschaffungskosten sowie die Angabe von Länge und Breite in cm identifiziert werden. Da der Kläger Teppiche – wie in dieser Branche üblich – stets in sog. Partien zu einem Gesamtpreis ohne Zugrundelegen von Einzelpreisen einkaufte und darin Stücke von ganz unterschiedlicher Qualität enthalten waren, teilte der Kläger den Gesamtkaufpreis für die Partie im Wege der Schätzung auf die Teppiche auf. Dabei stützte er sich auf seine langjährige Berufserfahrung.
Bis zum Ende des Streitjahres hatte der Kläger insgesamt 5.855 Teppiche angeschafft. Beim Verkauf zeichnete der Kläger den jeweiligen Verkaufspreis im Konto „Erlöse” bzw. „Mehrwertsteuer” auf. Den zum Jahresende noch vorhandenen Schlussbestand hielt der Kläger in einem Inventarverzeichnis fest. Als Wert übernahm er dabei jeweils den ursprünglich vermerkten Einkaufspreis.
Durch Vergleich des Schlussbestands mit dem Anfangsbestand und den Einkäufen berechnete der Kläger ferner den Wareneinsatz des abgelaufenen Jahres als Aufwandsposten für die Gewinn- und Verlustrechnung.
Der Teppichverkauf in der B-Straße in A entwickelte sich in den ersten beiden Jahren sowie dem anschließenden Streitjahr (2000) wie folgt:
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Warenbestand |
Verkaufserlöse |
|
DM |
DM |
01.01.1998 |
11.650 |
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Einkäufe |
2.475.231 |
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Einsatz |
-938.536 |
1.226.586 |
31.12.1998 |
1.548.345 |
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Einkäufe |
733.384 |
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Einsatz |
-1.024.229 |
1.381.114 |
31.12.1999 |
1.257.540 |
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Einkäufe |
286.586 |
|
Einsatz |
-297.806 |
920.390 |
31.12.2000 |
1.246.320 |
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Der Rückgang der Erlöse beim Kläger im Streitjahr gegenüber dem Vorjahr war bereits im ersten Halbjahr spürbar, er betraf aber im Wesentlichen das zweite Halbjahr und lag dort bei fast 50%. Seinen Einkauf reduzierte der Kläger bereits ab dem zweiten Quartal des Streitjahres. Der stärkste Einkaufsmonat im Streitjahr war für den Kläger der Juli, in dem er mehr als die Hälfte seiner Waren bezog. Die monatlichen Zahlen für das Jahr 1999 und das Streitjahr sind aus den Zusammenstellungen in der BP-Akte (Bl. 43 und 41) ersichtlich.
Das Inventar des nachfolgenden Jahres 2001 endete mit dem Teppich Nr. 6076, was auf mindestens 221 Zukäufe im Jahr 2001 schließen lässt. Die Anschaffungskosten dafür betrugen nur noch 40.427 DM. Die Erlöse sanken auf 666.489 DM.
Den erheblichen Rückgang der Erlöse nahm der Kläger nach Beratung mit Herrn C zum Anlass, den zu Anschaffungskosten ermittelten Gesamtwert der zum Ende des Streitjahres vorhandenen Teppiche in Höhe von 1.246.320 DM um einen pauschalen Abschlag von 25% (= 311.580 DM) zu kürzen und die Waren in der Schlussbilanz mit den verbleibenden 934.740 DM auszuweisen. Den Abschlag rechnete der Kläger dem Wareneinsatz hinzu, der darauf in die Gewinn- und Verlustrechnung mit 609.386 DM (= 297.806 + 311.580 DM) eingestellt wurde. Unter Berücksichtigung der übrigen Aufwendungen verblieb ein Gewinn in Höhe von 44.113 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Hauptabschluss am 31.12.2000 Bezug genommen.
Am 15. August 2001 ging die entsprechend erstellte gemeinsame Einkommensteuererklärung nebst Hauptabschluss...