Entscheidungsstichwort (Thema)
Auszahlung aus dem Eigenkapital
Leitsatz (redaktionell)
Die gesetzliche Reihenfolge der fiktiven Verwendung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkaitals in § 28 Abs. 2 i.V.m. § 30 KStG ist nicht anzuwenden, wenn eine Kapitalgesellschaft auf handelsrechtlich zulässige Weise eine Kapitalrücklage auflöst und das Kapital durch selbständigen Auszahlungsbeschluss an ihre Anteilseigner auskehrt.
Normenkette
KStG § 28 Abs. 2, §§ 41, 29 Abs. 2, § 30 Abs. 2; HGB § 272; KStG § 27 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Auszahlung der Klägerin an ihre Gesellschafterin aus einer Kapitalrücklage mit dem EK 01 oder dem EK 04 zu verrechnen ist.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die mit Gesellschaftsvertrag vom … 1951 gegründet wurde. Sie firmierte zunächst als N GmbH und seit dem … 2002 als F GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens war in den Streitjahren die Herstellung und der Vertrieb von Edelstahl in geschmiedeter und gegossener Form, die Betätigung auf verwandten Gebieten sowie der Betrieb von allen Geschäften, die geeignet erschienen, die Gesellschaft zu fördern; sie war nach dem Gesellschaftsvertrag berechtigt, andere Unternehmen zu erwerben, sich an solchen zu beteiligen und Zweigniederlassungen zu errichten.
Die Klägerin ist Teil der F Gruppe, einer Unternehmensgruppe aus der …branche. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war in den Streitjahren die F GmbH & Co. KG (F KG). Der handelsbilanzielle Buchwert der Beteiligung an der Klägerin betrug 10.000 DM. Weiterhin war die F KG unmittelbar zu 100% an der R GmbH (R GmbH) beteiligt. Der handelsbilanzielle Buchwert dieser Beteiligung betrug entsprechend dem Nennwert der Beteiligung 2,7 Mio. DM, der steuerbilanzielle Buchwert 3.161.061,61 DM (Sachverhaltsdarstellung T, Betriebsprüferhandakte – BPHA – I; Anlage 1 zum BP-Bericht vom 15. September 2004).
Mit notariellem Vertrag vom Oktober 1998 und mit Wirkung zum gleichen Tag brachte die F KG ihre Beteiligung von 100 v.H. an der R GmbH im Wege der Sacheinlage gegen Gewährung eines neuen Geschäftsanteils an der Klägerin im Nennwert von 50.000 DM in die Klägerin ein. Nach Ziff. II 1 a) des notariellen Vertrags war die Klägerin verpflichtet, eine etwaige positive Differenz zwischen dem Einbringungswert der Geschäftsanteile an der R GmbH und dem Nennwert der Kapitalerhöhung in die Kapitalrücklage einzustellen. Die Kapitalerhöhung wurde am 28. Dezember 1998 im Handelsregister eingetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom Oktober 1998 (UR-Nr. 1622/1998 der Notarin …) verwiesen.
Mit Schreiben vom … Dezember 1998 sagte die Hausbank der Klägerin ihr eine „Zwischenfinanzierung in geeigneter Form auf Basis noch zu schließender Verträge und gegen Gewährung ausreichender Sicherheit in uns genehmer Form bis zur Höhe des Beteiligungsbuchwerts der R GmbH (derzeit = 10.000.000 DM)” zu (Vorblatt zur Körperschaftsteuerakte ab 1997).
Am … Dezember 1998 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin, den Einbringungswert der Geschäftsanteile an der R GmbH im Nominalwert von 2,7 Mio. DM auf 10 Mio. DM festzusetzen. Dadurch entstand bei der einbringenden F KG bzw. deren Anteilseignern ein handelsbilanzieller außerordentlicher Gewinn in Höhe von 7,3 Mio. DM und ein steuerlicher – nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigter – Einbringungsgewinn in Höhe von 6.838.938,39 DM. Den die Nennkapitalerhöhung übersteigenden Wertansatz von 9.950.000 DM stellte die Klägerin entsprechend der Regelung im Einbringungsvertrag in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr.4 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ein; gliederungsrechtlich ordnete sie diesen Betrag dem EK 04 zu.
Am folgenden Tag beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin die Kapitalrücklage wieder aufzulösen und den entsprechenden Betrag von 9.950.000 DM der Gesellschafterin unverzüglich (bis spätestens zum 31. Dezember 1998) gutzuschreiben. Die Gutschrift auf dem Verrechnungskonto erfolgte tatsächlich, zwar mit Wirkung zum 31. Dezember 1998, erst am 19. Januar 1999. In der Handelsbilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1998 ist eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber der F KG ausgewiesen. Die von der Klägerin ausgestellte Steuerbescheinigung gemäß § 44 des Körperschaftsteuergesetzes in der damaligen Fassung (KStG) vom 8. Dezember 2000 weist zum 31. Dezember 1998 die Verwendung von EK 45 in Höhe von 15.340 DM und von EK 04 in Höhe von 9.934.660 DM (= 9.950.000 DM) aus.
Die Kapitalrücklage entwickelte sich aufgrund der vorgenannten und weiterer Gesellschafterbeschlüsse wie folgt:
Stand der Kapitalrücklage zum 31. Dezember 1997 |
0,00 DM |
Einstellung des Einbringungsgewinns |
+ 9.950.000 DM |
Entnahme des Einbringungsgewinns |
./. 9.950.000 DM |
Einstellung einer sonstigen Zuzahlung |
+ 60.000 DM |
Entnahme zum Verlustausgleich |
./. 40.588,66 DM |
Stand zum 31. Dezember 1998 |
19.588,... |